1. umgehendes Ausräumen aller Verdachtsmomente, die Kliquentum unterstellen konnten,
2. Auflösung jeglicher Verbindung zwischen dem Verein und einer Zeitung,
3. Verbot der Herausgabe eines eigenen Journals und
4. Aufnahmeverbot für Redakteure Berliner Tageszeitungen.
Gemeinsame Publikationen behielt Lesser dem Verein vor. Jedoch sollte nur das unter Vereinsnamen veröffentlicht werden, was zuvor einer gründlichen Prüfung unterzogen worden war. Deshalb riet er, nicht alle Bindungen mit Journalen zu kappen und Kontakte zu Redakteuren weiter zu pflegen. Resümierend erklärte Lesser apodiktisch: „Ueberhaupt keine Oeffentlichkeit in corpore, als die, welche unter Garantie der ganzen Gesellschaft unternommen wird; kein Prunkenwollen mit unsern Leistungen u. Bestrebungen, kein Entgegenstellen gegen andere Gesellschaften desselben." Letzthin bedeutete das ein neues Programm. Man habe nun, so Lesser vielsagend weiter, „eine andere Stellung gegen die Welt" 40 .
Der Verlust an öffentlichem Ansehen, ausgelöst durch den Vorwurf des Mißbrauches von Vorzügen, die das Vereinsprinzip an sich ausmachten, leitete einen differenzierten Rückzug ein, der aber eben nicht nur als eine Isolierung zu beschreiben ist. Als die Geschichte der ersten zehn Jahre des Vereins geschrieben wurde, formulierte der Chronist rückblickend auf die Ereignisse 1829: „Scheu hatten wir uns vor jeder Öffentlichkeit zurückgezogen und wirkten still nur für den eigenen Fortschritt." Korrigierend strich er dann aber die Wendung „jeder Öffentlichkeit", um dafür am Hand zu notieren: „jedem Erscheinen in der Tages Litteratur" 41 .
Fa ß t man, wie es Friedhelm Kroll 1978 vorgeschlagen hat, die Relationen von Öffent- lichkeit als „Charakter der vereinsinternen Kommunikationsformen als auch de(n)
Bezug zur externen Öffentlichkeit sowie deren Wechselwirkung"42 , dann trat, nach anfänglicher Vorrangigkeit, der externe Bezug zurück, während gleichzeitig verschiedenartige vereinsinterne Äußerungsformen gefördert wurden. De facto hatte manan es von nun an mit einem anderen Verein zu tun.
Seriosität hieß eines der neuen Fahnenwörter, auf die sich der jetzt tonangebende Teil des Vereins einigte. Er bereitete den Abschied von der „Literatur der Wortwitze Und der Saphiriaden" vor, die Karl Gutzkow allein durch ihre Nachwehen aus Berlin vertreiben sollten. „Eine Einmischung in die Berliner Tagesliteratur, in die F e hden Saphirs mit seinen Gegnern, schien mir", schreibt Gutzkow in seinen Erinnerungen, „unter aller Würde eines Schriftstellers, der ,mit der Milch des klassischen Altertums' gesäugt war —.. ." 43 In dem Zusammenhang gibt Gutzkow ein weiteres Stichwort aus, das Moritz G. Saphir mit einem Literatentypus wie Paul Lindau, dem wohl einflußreichsten Schriftsteller und Theaterkritiker der Gründerzeit nach 1870 44 , Verbindet. Er spricht vom „einreißende(n) Judentum in der Literatur'" 45 , dem sich lesser fernzuhalten sei. Damit leistete er einer antisemitischen Beurteilung der Durchsetzungspraktiken Saphirs Vorschub.
Zu den Bemühungen des „Tunnel", sich aus dieser die Mitglieder in ihrer bürgerlichen Reputation gefährdenden Zone herauszumanövrieren, zählte die Publikation ausgewählter Späne. 1829 stellte der Verein unter Lessers Regie „Spenden aus dem Archive des Sonntagsvereins" zusammen, „zum Besten der in den Preuß. Niederun-
g en durch Ueberschwemmungen Verunglückten"4 6.
Lesser benutzte die gute Gelegenheit für eine öffentliche Vereinsdarstellung. Deshalb beginnt sein Vorwort, das er der Auswahl voranstellte, mit einer Erklärung des Ver- einsnamens: „um allegorisch hierdurch anzudeuten, daß selbst die größten äußern Hindernisse den festen Willen, etwas Gutes und Nützliches zu erreichen, nicht ab-
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