Heft 
(1990) 50
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schrecken und beugen sollen.- "4 7 Mit dieser Form, die Ergebnisse der Vereinstätig keit vorzuführen, wollte man »die gehässige Meinung einiger mißgünstigen Finster- linge über die Tendenz unseres Vereins" widerlegen''e 4 8. Die Aufmerksamkeit sollt von den journalistischen Häkeleien abgelenkt werden. Man wollte nicht längerfür eine literarische Assecuranz" verschrien werde­ n4 9. Die letzten Bemerkungen stamm ten wiederum von Schneider, der auf federführende Beteiligung auch in seinem Interesse als Akteur am Königlichen Schauspielhause bei dem sich vollziehenden Funktionswechsel nicht verzichtete. Kam bei Lesser der Kaufmann als Freizeitautor so bei Louis Schneider der Schauspieler als Vereinsmitglied zu Wort. Die Vereinigung wolle nicht dominieren, aber doch auch das Licht der Öffentlichkeit nicht gänzlich scheuen:wir wirken still und ruhig, aber auch fest und besonnen, ... wir wollen gegenseitig uns helfen und liebreich auf den dornigen Pfaden unterstützen, ... Wir werben weder durch prahlende Anpreisungen, noch durch Proseliten-Vorspiegelun- gen .. .50 In der Arbeit strebe derTunnel" ungeteilte Wahrheit an.

Wo Lesser die Grenze zur Tagesliteratur und den Journalisten streng zog und zum entschlossenen Rückmarsch aus öffentlichen Angelegenheiten riet, vertrat Schneider die Künstlerschaft im engeren Sinne, die den Vereinen auc h berufsfördernd erleb wollte ohne freilich in den zweifelhaften Ruf eines ebenso zweifelhaften Versiche- rungsunternehmens zu geraten. Einig waren sich die beiden, daß nur ein freund- liches Bild vom Verein den erstrebten Zielen förderlich war. Das neue Vereinsprofil, das proklamiert wurde, bewirkte anfangs, so scheint es, nur eins: eine Reihe Mit­glieder der ersten Stunde schieden aus neben Saphir verließ auch Ehrenbaum den "Tunnel".

5 Statuten

Verbindliche Statuten konstituierten und legitimierten einen Verein vor der Welt, Der Nachlaß desTunnels" beweist mit seinen Statut-Entwürfen, welche Schwierig- keiten dieser Akt der Institutionalisierung bereitete. Dem Bewußtsein, sich durch Statuten eine innere Stabilität zu organisieren, stand die Scheu vor hinderlichen Festlegungen gegenüber.Als soziale Normierung verleiht der statuarische Charak- ter Orientierung und Halt, verbürgt ein erhebliches Maß an Regel- und Dauerhaftig- keit, ... Das Statut, sanktionsgestützt, erzeugt ein spezifisches soziales Teilhaben, Verhalten und Handeln regelndes Schwerefeld.- "5 1 Zwecksetzung regulierte die Or ganisationsweise und letzthin, worauf es ankam, den Bezug zum öffentlichen Leben, Nicht jeder Beitrag zur Statutdiskussion ist datierbar. Doch zeichnen sich Phasen ab, die im Einklang mit dem bereits Mitgeteilten stehen. Die erste Phase, natürlich im unmittelbaren Anschluß an die Gründung, prägt Buntheit. Im 7.Tunnel (Anfang 1828) versuchte ein Antragsteller möglicherweise Saphir selbst dieGesell- schaft", die denKarakter der Oeffentlichkeit theilweise schon angenommen hat" in Bezug auf ihr öffentliches Verhalten zu bestimmen. Denn es sei klar:daß der Ge- sellschaft um so mehr Ruhm und Glanz gewonnen /werden/ muß, je gräftiges er öffentlich auftreten ganne "5 2. Wert legte man auf denguten Namen", wobei di witzigen Formulierungen und die absichtlich fehlerhafte Orthographie den Bierernst gewöhnlicher Statuten ironisierten.

Alles, was für Vereinssatzungen obligatorisch war, griffen die Tunnelfreunde auf, verkehrten es jedoch ins Parodistisohe. Zuweilen überschritt man dabei die Grenze des Verträglichen 53 . In den frühen Vorschlägen überließen sich die Mitglieder wei­tfestgehend der Laune eines Einfalls, den sie als Paragraph formulierten. Ausgenom­men aus diesem Spiel blieb nur der Punkt, der direkt die preußische Vereinsgesetz- ebung berührte: das Verbot jeglicher politischer und religiöser Tendenz. Einge-

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