Heft 
(1990) 50
Seite
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schlossen in diese Festlegung war der Verzicht aufmerkantilische und finanzielle'57 ' Zwecke. In den ersten »Tunnel"-Monaten verhinderte die Beteiligung an Zeitungen und Zeitschriften die konsequente Einhaltung dieses Paragraphen.

Das Gruppenleben war bestimmt durch Ausgelassenheit. Sie sollte ein Vereinsklima stiften, das zur phantasievollen Produktivität ermunterte. Übermut in den Äuße­rungen war nicht nur erlaubt, sondern wurde durch den festgelegten Umgangston stimuliert. Wohl schon deshalb waren diese Statutvorschläge eher an die interne Vereinsadresse gerichtet als für ein Polizeipräsidium verfaßt. Ihre Witzigkeit mochte den Mitgliedern Vergnügen bereiten, einklagbare Vereinsrechte und -pflichten schrieb sie kaum fest.

Die literarische Tätigkeit definierten die Vereinsstatuten frühzeitig als Hauptzweck der Zusammenkünfte. Geselligkeit folgte, war aber nachgeordnet. Die Späne betrach­tete der Verein ausdrücklich als Besitz, der ihm zu freier Verfügung stand. Eine Überlegung ist überliefert, nach der jedes Mitglied, das aus Berlin verzog, an sei­nem neuen Wohnort einen »Tunnel' ins Leben rufen dürfe. Auf diese Weise strebte der Verein die Verbreitung gleicher Vereinigungen an, zu der es nicht kam. 55 Da­hinter stand die Absicht eines Vereinsnetzes, das erneut hätte an Ehrenbaums Vor­schlag denken lassen.

«Wesentlich geändert am 16ten Nov. 1828' 56 : dieser Vermerk unter einem weiteren Entwurf spiegelt die Konsequenz jener Debatten. Nach der tiefen Krise 1828 gewann die Statutfrage an Dringlichkeit. Die vormals fließenden Grenzen zwischen Verein und literarischer Öffentlichkeit verfestigten sich. Ein Paragraphenwald wurde im Verlauf der nächsten Jahre angelegt, um den .Tunnel" weitestreichend von der Außenwelt abzuschotten: »jede persönliche und außergesellschaftliche Beziehung bleibt von den Verhandlungen des Vereins gänzlich ausgeschlossen." Die ursprüng­lichen 12 Paragraphen schraubten die im Juristischen sachkundigen Mitglieder (wie z. B. Heinrich v. Mühler) hoch auf die Anzahl von 130. Amtsdeutsch, zumindest in den grundsätzlichen Passagen, löste den witzelnden Ton ab. Ein Dokument ent­stand, das einen Zuschnitt durch den Kontrollblick behördlicher Begutachtung er­hielt.

Per Vereinsgesetzgebung im beinahe wörtlichen Sinne stärkte der Kreis sich als Körperschaft, ohne es zu neuen konstruktiven, weniger störanfälligen Varianten der Beteiligung an öffentlichen Belangen zu bringen. Vereinsinterne Aktivitäten hatten Priorität. »Kein Mitgiled darf ohne Zustimmung des Vereins etwas über denselben drucken lassen." 58 1835 zeichnete Carl Löwe <Puffendorf>, Jurist und späterer Geheimer Ober-Finanzrat in Berlin, in der Einleitung zu den endgültigen Statuten das Vereinsbild in schönster, biedermeierlicher Harmonie: »In einer richtigen Würdigung der Verhältnisse und einer gewissenhaften Prüfung seiner Kräfte zog sich der Verein ... ängstlich von jeder Oeffentlichkeit zurück, um sich in sich zu stärken. Mit redlichem Ernste schlug er einen neuen Weg ein, und in der Stille wir kend, allmählich feindliche Elemente aussondernd, gelang es ihm... in geräusch loser Wirksamkeit eine erfreuliche Stellung einzunehmen und sieh immer mehr aus zudehnen." 59 Allem Gefährdenden war nun vorgebaut man war ein Verein ge worden, wie es viele gab. Am schärfsten rechnete der § 13 mit der eigenen Vergan genheit ab: »der Verein darf nie ein Journal oder Tagesblatt herausgeben; jedes Mitglied, welches Journale oder Tagesblätter herausgiebt, oder dabei mitarbeitet oder sonst vor dem Publico auftritt und dabei auf irgend eine Weise den Verein, oder Mitglieder des Vereins als solche, oder sich selbst als Mitglied des Vereins hineinmischt, muß excludirt werden." 80

Damit waren die Anfänge preisgegeben, ja unter Strafe gestellt. Die Satzung lies t sich in diesen Abschnitten wie ein selbst oktroyierter Maulkorberlaß. Daß sich mit

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