Heft 
(2022) 113
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Der Geldverleiher  Möller 161 Über ihre gestalterische Arbeit an diesem Band berichtet die Buchkünstle­rin Jenna Gesse auf der Internet-Seite der»Anderen Bibliothek«. 7 Durch diesen»Blick hinter die Kulissen« werden ihre typografischen Entschei­dungen nachvollziehbar, etwa die Wahl der knalligen Neon-Farbe, die sich vom Cover der ›Buchschlaufe‹ über das Vorsatzpapier, das Titelblatt, die Überschriften und Motti sowie die Kapitel-Trennseiten mit den signifikan­ten Zitaten durch den Band zieht, die besonderen Schriften sowie die Ma­nier, Titel, Zitate und Überschriften auf Anschnitt zu setzen. Diese etwas forcierten typographischen Elemente erinnern beim Lesen immer wieder an die Gegenwart und machen die Distanz zu dem auf Spannung gearbeite­ten Roman deutlich, während die moderne Type den Text näher an unsere Zeit holt. Für das Cover wurde das Gemälde Waiting for the Times on the Morning after the Reform Debate, 8. October 1831 von Benjamin Robert Haydon genutzt, bitonal verfremdet, wie vom Grauschleier einer Rasterät­zung überzogen. Ein Zeitungsleser, der behaglich auf dem Stuhl ausge­streckt den komplett entfalteten Zeitungsbogen studiert, ein zweiter, der ungeduldig darauf wartet. Iwan-Michelangelo DAprile , der mit seiner Fontane -Biographie eines der am meisten beachteten Bücher des Fontane -Jahres 2019 veröffentlichte, ist Herausgeber dieser ersten Leseausgabe von Fontanes Übersetzung. Er hat ihr ein kenntnisreiches, lesenswertes Vorwort mitgegeben, in dem die nötigen Fakten zur Überlieferung, literarhistorischen Einordnung und zum realgeschichtlichen Hintergrund zusammengestellt sind. Auch Fontanes Übersetzertätigkeit wird erklärt. Anmerkungen, die man eigentlich auf Schritt und Tritt benötigte, enthält der Band nicht. Auch ein Hinweis auf die Bedeutung des Namens der Hauptfigur fehlt im Vorwort. Abed-Nego heißt einer der drei Männer, die Nebukadnezar in den Feuerofen stoßen ließ, weil sie sich weigerten, den von ihm erschaffenen goldenen Götzen anzubeten. Der Prophet Daniel erzählt von diesem menschlichen Wunder, das noch durch ein göttliches konfirmiert wurde. Auch die Namen der beiden ande­ren Männer Schadrach und Meschach werden im Roman erwähnt. Abednego Osalez, die Hauptfigur in Gores Roman, ist eine vielschichti­ge, ambivalente, symbolhafte Gestalt, die einen Gegenentwurf entwickelt zur allgemeinen Anbetung des Geldes, sich zu dieser Haltung aber erst am Ende der Romanhandlung durchringt nach einem langen, schmerzlichen Irrweg und durch einen Prozess kathartischer Selbstüberwindung. Einer in Cádiz lebenden, reichen Familie konvertierter Sepharden entstammend, begabt und tüchtig, wird Abednego wegen seines stigmatisierenden Vor­namens, den vor ihm schon sein Vater und sein Großvater trugen, wegen seiner Herkunft und seines fremdartigen Aussehens überall, wo er sein Glück zu machen sucht, diskriminiert. Er nutzt die ökonomische Überlegen­heit, die er durch sein rationales Verhältnis zum Geld gewinnt, um sich als berüchtigtster aller Londoner Geldverleiher an der Gesellschaft zu rächen.