Fontane an Kürschner
Berlin 16. Okt. 83.
Hochgeehrter Herr Doktor.
Von Nordernei - wo ich das Vergnügen hatte, unter vollständiger Zustimmung, einen Artikel oder ein Gutachten von Ihnen über die Frage „Leihbibliotheken oder nicht" zu lesen - bin ich, statt wiederhergestellt, kränker als ich abreiste zurückgekehrt, so daß ich mich nun schon runde 7 Wochen mit Nichtsthun und trüben Gedanken beschäftige. Bei der Gelegenheit ist denn auch "S tine" in die Quist gegangen, da gerade diese 6 oder 7 Wochen, in denen ich sonst frischer und arbeitsfähiger als den Rest des Jahres über zu sein pflege, für die Correktur der Novelle bestimmt waren. Es ist mir sehr schmerzlich, mein Debüt bei Ihnen auf diese Weise hinausgeschoben zu sehn. Sobald ich im Stande bin, die auf Monate reponirte Arbeit wieder aufzunehmen, melde ich mich bei Ihnen und frage an, [ob es] paßt.
In vorzüglicher Ergebenheit,
Th. Fontane.
Nordernei - Fontane war vom 19. Juli bis 30. August auf der Insel Norderney gewesen.
Quist - Nach dem Grimmschen Wörterbuch: in die Quiste gehen, verloren gehn.
reponirt - abgelegt.
Kürschner an Fontane
Stuttgart, den 20. October 1883 Verehrter Herr!
Lassen Sie mich vorerst dem Bedauern Ausdruck geben, daß Ihre Gesundheit nicht die beste ist und mich zugleich hoffen, daß Sie sich beim Empfange dieser Zeilen bereits wieder auf dem Wege der Besserung befinden. Es thut mir sehr leid, daß ich in Folge Ihres Leidens die Novelle nun nicht zu dem bestimmten Termin erhalten soll, allein eine Arbeit von Ihnen kommt ja immer zur rechten Zeit und so bitte ich Sie denn, wenn auch die Beendigung derselben erfolgt ist, sie mir zuzusenden. Für Ihre freundliche Zustimmung über meinen Artikel in der Frankfurter Zeitung noch besten Dank; ich denke ich kann Ihnen schon nächstens ein Project mittheilen, welches ich zur Aufbesserung unserer literarischen Verhältnisse auszuführen bestrebt bin.
Mit verehrungsvollem Gruß
Ihr ergebenster Kürschner
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