sie an allen seinen Arbeiten bewundert. Es ist mehr als ein Zufall, daß er gerade bei diesem Werk den unverschämten Eigenmächtigkeiten des Korrektors sein Bekenntnis entgegenstellt, er halte sich für einen Stilisten:
„Ich schreibe heut, um einen Seufzer auszustofen über die .Verbesserungen', denen ich ausgesetzt gewesen bin. Ich hoffe, daß wir für die Zukunft zunächst also für die 2. Hälfte der Novelle, den berühmten modus vivendi finden werden. Ich opfre Ihnen meine .Punctum's', aber meine ,und's', wo sie massenhaft auftreten, müssen Sie mir lassen. Ich begreife, daß einem himmelangst dabei werden kann, und doch müssen sie bleiben, nach dem alten Satze: von zwei Uebeln wähle das kleinere.
Warum müssen sie bleiben? Es stört, es verdrießt etc. Und doch! Ich bilde mir nämlich ein, unter uns gesagt, ein Stilist zu sein, nicht einer von den unerträglichen Glattschreibern, die für alles nur einen Ton und eine Form haben, sondern ein wirklicher. Das heißt also ein Schriftsteller, der den Dingen nicht seinen alt-überkommenen Marlitt- oder Gar- tenlauben-Stil aufzwängt, sondern umgekehrt einer, der immer wechselnd, seinen Stil aus der Sache nimmt, die er behandelt. Und so kommt es denn, daß ich Sätze schreibe, die 14 Zeilen lang sind und dann wieder andre, die noch nicht 14 Sylben, oft nur 14 Buchstaben aufweisen. Und so ist es auch mit den ,und's'. Wollt' ich alles auf den Und-Stil stellen, so müßt' ich als gemeingefährlich eingesperrt werden, ich schreibe aber Mit-und-Novellen und Ohne-und-Novellen, immer in Anbequemung und Rücksicht auf den Stoff. Je moderner, desto und-loser, je schlichter, je mehr sancta simplicitas, desto mehr ,und'. .Und' ist biblisch-patriarchalisch und überall da, wo nach dieser Seite hin liegende Wirkungen erzielt werden sollen, gar nicht zu entbehren." (Ha Br III/120)
Wenngleich bis heute der geschulte Leser geneigt ist, den häufigen Gebrauch der Konjunktion zu tadeln, so wird doch jeder Unbefangene dem Dichter darin recht geben, daß die Struktur des Romans wie sein Inhalt das wiederholte ,und' nicht als störendes Element empfinden lassen. Die dörfliche Welt des Heidereiters und der in ihr lebenden und handelnden Menschen sind von jener Schlichtheit, die sich der Welt nur im Nacheinander zu bemächtigen vermag, so daß die Reihung mit ,und' das Natürliche und Angemessene ist. Dieser inneren Unkompliziertheit entzieht sich nur eine Figur: Hilde. Die Antriebskräfte aller anderen Menschen jener Novelle lassen sich zurückverfolgen bis an ihren Ursprung, und Fontane tut auch nichts Bemerkenswertes, um ihre Motive im Dämmer und Zwielicht zu halten. Ihr Handeln ist berechenbar und nachvollziehbar, und von ihnen geht keine Wirkung aus, die einen Schimmer von Unbegreiflichkeit an sich trüge. Nur Hilde ist anders.
Damit soll nicht angedeutet sein, daß in dieser Erzählung ein einziger lebendi- ger Charakter in eine Umgebung statuarischer Gestalten versetzt wäre, von denen keine die Fähigkeit zur Veränderung oder zur inneren Wandlung besäße.
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