Heft 
(1991) 51
Seite
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Talente gölten, daß dahinter die klare und freudige Erkenntnis steckte: .dies ist wirklich ein Poet'. Gott bewahre. Die Huldigung gilt nur dem kleinen Erfolg, und um allerhand dumme Weiber, die mit Hilfe von Keil, Dummheit und Compagnie ganz andre Erfolge haben wie ich, reißt man sich auch noch ganz anders. Es ist alles allergröblichstes Geschäft." Deswegen wird man es ihm auch nicht verübeln dürfen, wenn er nicht nur unter künstlerischer Unterbewertung, sondern auch unter materieller Zurücksetzung litt. Er er­tappe sich selbst, wie er seiner Frau gestand,beständig auf großen und kleinen Verbittertheiten, mindestens auf innerlichen Kopfschüttelungen. Ich habe nun mit zwei großen und ernsten Arbeiten Glück gehabt und doch auch wieder gar kein Glück." Denn obwohl die dann folgende, von ihm selbst gezogene knappe Bilanz seines Schaffens zwar eine mehr oder weniger stillschweigende Bestätigung seines Künstlertums ausweist, blieb doch die wenig ermutigende Feststellung:Und nun vergleiche damit, was ich davon gehabt habe. Ich meine nicht an Geld, nein auch an Ehre, Namen, Anerkennung. Die wenigsten wissen, daß ich diese Sachen geschrieben habe. Dies Schicksal begleitet mich nun durch dreißig Jahre. Die Sachen von der Marlitt, von Max Ring, von Brachvogel, Personen, die ich gar nicht als Schriftsteller gelten lasse, erleben nicht nur zahl­reiche Auflagen, sondern werden auch wo möglich ins Vorder- und Hinter­indische übersetzt; um mich kümmert sich keine Katze. Es ist s o stark, daß es zuletzt wieder ins Lächerliche umschlägt. Und das rettet mich, sonst würd' ich leberkrank;" 9

Es ist allerdings nur scheinbar ein Widerspruch, wenn Fontane trotzdem im März 1879 in das Angebot Schusters einwilligte. Diese Aufgabe stellte näm­lich eine erhebliche finanzielle Verlockung dar, ohne dabei eine echte künstleri­sche Herausforderung zu sein. Seinem Verleger Hertz gegenüber gab der Dichter sein Motiv unumwunden preis:Ich habe mich beschwatzen lassen 17 preußische Prinzen- und Generals-Texte für die Lüderitz'sche Kunsthandlung {Rudoli Schuster) zu schreiben. Das Geld lockte mich ein wenig, trotzdem ich dieses traurige Artikel-Fabrizieren - eine Theaterrezension ist ,hohe Kunst' daneben - ein für allemal abgeschworen habe. - Nun kommt mir aber die Sorge: Ist R. Schuster auch ein sicherer Mann? Oder heißt es nicht vielleicht auch in diesem Falle:

Vor Köckeritz und Itzenplitz,

Vor Quitzow, Kracht und Lüderitz Behüt' uns lieber Herregott!

Ich habe von R. Schuster persönlich einen guten Eindruck gehabt, aber ob seine Börse mit seiner Person gleich rangiert, ist am Ende die Frage." 10 Hertz muß die Sorgen des Dichters offensichtlich zerstreut haben. 11 Schuster er wies sich dann auch nicht nur als ein sicherer, sondern auch als ein groß­äugiger Mann. Darf man davon ausgehen, daß der Verleger, der den Dichter »seines Namens wegen" 12 gewinnen wollte, eine Ahnung von der Ehre hatte, e inen Autor vom Range Fontanes verpflichten zu können, oder war ihm der Name nur ein zugkräftiges Spekulationsobjekt? Vielleicht beides. Denn er über- ließ es dem Dichter selbst, die Höhe des Honorars festzusetzen, Fontane erkannte

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