Heft 
(1991) 51
Seite
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Tier gefunden und erlegt hat. Ich b i n ein Jäger. Ich bin seit dem Sonnenauf gang unterwegs. Es ist nun spät geworden. Ich habe ein gutes Tagewerk voll­bracht und ich bin müde. Andere Leute mögen auf Hasen und Rebhühner schie­ßen; ich bin dessen überdrüssig, habe genug davon. Aber, meine Herren, wenn ein Keiler zu schießen ist, dann lassen sie es mich wissen. Ich werde mich in das Dickicht des Waldes wagen und ihn zu erlegen versuchen." Der Verfasser des Artikels ergänzte:. Er hat sein Wort gehalten. Er lebt seit langem zurückge­zogen in Varzin und Friedrichsruh, solange eben nur Geflügelwild am politi­schen Horizont auftaucht; aber als der Kongreß zusammentrat, übernahm Bismarck das Präsidium. Und wir sind sicher, daß er das Feld so lange nicht räumen wird, wie der Kampf gegen den Sozialismus in Deutschland tobt." 47

Man weiß, daß der Fürst, Jäger, der er war, seine Politik gern in entsprechen­den Metaphern beschrieb. Der Zusammenhang, der hier zwischen Jagd und Politik hergestellt wurde, mochte einem Engländer zuzumuten sein, ja, es mochte ihn mit Sympathie erfüllen, wenn er im Politiker den leidenschaftlichen Jäger - oder Sportsmann - wiedererkannte. Aber für einen deutschen Leser verbot sich das, vor allem dann, wenn er beispielsweise der Sozialdemokratie oder dem Zentrum angehörte oder ihnen nahestand und unwillkürlich assoziieren mußte, dieser Keiler höre womöglich auf den Namen August Bebel oder Ludwig Wind­horst, und seine Hauer seien dazu bestimmt, einst die Trophäensammlung des Fürsten zu vermehren.

Soweit überschaubar, hat der Essay aus Blackwood's Magazine über die Zeit­schrift «Die Gegenwart" hinaus keine weitere Kolportage erfahren, mit Aus­nahme freilich der bis in die Gegenwart hinein völlig unerkannt bzw. unbe­kannt gebliebenen Verwertung, d. i. die über ganze Passagen hinweg fast wört­liche Übernahme durch Theodor Fontane in dieReiterbilder".

Man weiß, daß Fontane, als er nämlich noch Korrespondent in London war, mit­unter ähnlich verfuhr 48 , eine Gepflogenheit, die also in diesem Zusammenhang wenig besagen will, es sei denn, daß man sie als ein sicheres Indiz für des Dichters Einstellung zum gesamten Projekt nimmt. Darüber hinaus wäre hier der höhere Gesichtspunkt der Quellenbenutzung überhaupt, besonders jedoch in Zusammenhang mit denReiterbildern" 49 , geltend zu machen, ein noch offener Untersuchungsgegenstand, sofern das Werk auch die Mühe rechtfertigte.

Freilich mußte der Dichter aus Platzgründen die ohnehin gekürzte Übersetzung nochmals halbieren und kontrollierte den verbliebenen Rest anhand des Ori­ginals. Er übernahm nichts, was nicht auch dieGegenwart" übernommen hatte, griff aber in die Übersetzung korrigierend ein. Sein Hauptanliegen dabei be­stand offensichtlich darin, den Pateimann noch stärker hinter den Staatsmann zu- rückzunehmen, wie sich das für das deutsche Publikum empfahl, so etwa. Wenn er aus BismarcksFeinden" seineGegner" machte und mit den Ge­genspielern auch den Fürsten selbst hob. Bismarck hat keinengroßen runden", sondern einenmächtigen Kopf' (the large round head) und vermag selbst auf die herabzublicken, die nicht einfachso groß", sondernphysisch so groß" sind

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