ungeschickt bezeichnen. Die Ausfüllung des neuen Rahmens konnte schwerlich gleichwertig gelingen, da die Einführung immer neuer Figuren wie die Veränderung der vorhandenen verrät, daß sie selbst nicht den Ausgangspunkt bildeten, mithin nur bedingt für sich stehen durften. Erinnern wir uns: Der Stoff, ob Schill oder Marwitz, enthielt das Sujet eines Ungehorsams aus übergeordneten Motiven („sich entscheiden ist schwerer als gehorchen'; 11,96). Die Entscheidung für Marwitz war freilich eine zweischneidige. Sie wurde in einer späteren Phase kompensiert durch jene Vater-Sohn-Konstellation, die auch die Kritik an der Vaterfigur ermöglichte (vgl. I, Kap. 4 und IV, Kap. 20). Zugleich wurde der zweite potentielle Held, die Lewin-Figur, zurückgenommen, als die bürger- lich-idealische Othegraven-Figur hinzutrat, die den Horizont der junkerlichen Vaterfigur stützte und argumentativ erweiterte. Darf man unterstellen, Fontane habe darin dem „Zeitgeist", der bürgerlichen Entwicklung, Tribut gezollt?
Die Gleichsetzung der Othegraven-Figur (des tapfer sterbenden Helden der lokalen Insurrektion) mit einer Zurückdrängung des adligen Helden oder anders: die stärkere Gewichtung des Ebenbürtigkeitsmotivs mit bürgerlichen Perspektiven überhaupt trifft den Kern der Gestaltung nicht. Die zeitgeschichtlichen Aussagen werden vor allem über den Inhalt des Treuemotivs, der Bewährung für das Vaterland im Großen wie im Kleinen transportiert. Naiver Monarchismus und Warnung der Krone vor einer Staatskrise, wenn dieses Gebot der Stunde nicht erkannt werde, bilden dabei die Leitlinien (vgl. bes. III, Kap. 1 - das Gespräch beim alten Prinzen Ferdinand). Wie die Vorarbeiten Fontanes zeigen, die datierbar sind, sind die Entscheidungen für eine Eingrenzung des historischen Konflikts zwischen König und Volk im Frühjahr 1866 gefallen - wenige Jahre nach dem Verfassungskonflikt und in zeitlicher Nähe zur Indemnitätserklärung der bürgerlichen Opposition; in historischer Sicht: ihrer Abdankung.
Wie stark und voneinander abhängig sich Entscheidungsmotiv und Treuemotiv wechselseitig aufbauen, sei noch einmal an bisher unveröffentlichtem Material demonstriert. In der Kreuzzeitung 22 findet Fontane einen mit L. G. bezeichneten Aufsatz aus Koblenz über Georg Baersch, dessen Kernstück er ausschneidet und in sein Notizbuch E 3 einklebt. Was er ausschneidet und wie er dies unterstreicht und mit Tinte kommentiert, spricht für seine Pläne; unmittelbarer als die späteren Kommentare der Jahre 1878 und 1879.
Am 17. Februar 1813 hatten Französische Nachzügler (400 Mann des 124. Regiments, meist Holländer) aus den Dörfern bei Pyritz in Pommern Vieh mit Gewalt weggetrieben. Baersch, der eben mit zwei Ordonanz- Husaren den Ort passirte, beschloß sofort, ihnen die Beute zu entreißen. (... So hatte er, wie er mit Stolz sagen durfte, der erste Preuße, 1813 den Säbel wider den Unterdrücker gebraucht.
Betrachten wir das gesamte großformatige Zeitungsblatt: Nicht übernommen (ausgeschnitten) ist die Fortführung der Geschichte bis zum Aufruf des Königs am 17. März 1813, der Baersch nahe Lauenburg unter dem Oberbefehl des Kronprinzen von Schweden sieht. Mehr noch, Fontane hebt dick unterstrichen
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