Heft 
(1991) 51
Seite
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Parochialkirche (Üb immer Treu und Redlichkeit") und die Knobelsdorffdrago­ner, die zu Friedrich II. hinleiten, die Geschichte des Askanier-Schlosses nach der Auswahl Marc Niebuhrs, Lektüre überSpanische Kriegsführung" (im 3. Buch); in Anlehnung an den Namen Hirschfeldt für das Profil Lewins und seiner Freunde denLübecker Totentanz", den er später auch in Grete Minde verwendete, oder die Gestalt W. A. Schmidts von Werneuchen, Pfarrer am Invalidenkrankenhaus in Berlin, für die Exkurse über poetische Wahrheit. Schloß Gusow (im 2. Buch) verwob er mit Rheinsberg und seiner spätbarocken Tradi­tion, um das Thema der höfischen Verantwortung zu gewinnen, und über die Figur der Tante Amelie wurde auch das Thema der Fronde eingebracht. Erörte­rungen über Fehrbellin, den Großen Kurfürsten und den alten Derfflinger füh­ren zum Spanischen Erbfolgekrieg. DieWeiberherrschaft" Friedrich Wil­helms II. führt mit der Gräfin Lichtenau, der Musikertochter Enke und Julie von Voss über deren Gut bei Werneuchen zur sparsamen Lebensweise des alten Prinzen Ferdinand, der die Furcht vor dem Volke, die sein Neffe auf dem Thron empfindet, erklären kann (vgl. III, Kap. 1), auch wenn er sie nicht teilt. Bücher wie Das Oderbruch von Walter Christonius (1855) wurden ebenso ausgeschlach­tet wie die Kartenzeichnungen aus dem Raum Lebus (in den Notizbüchern). Fontane war und blieb ein Mann der genau beobachteten Details, ob es sich um den Schwielow- oder Schermützelsee, Weihnachtsbräuche in der Grafschaft Ruppin, die Schlacht von Borodino (im 3. Buch) oder das Redernsche Palais am Pariser Platz (später Hotel Adlon) handelte. Verse von John Chrintchley Prince aus seiner Leipziger Zeit 28 und Kompositionen von Carl Friedrich Zelter (1758 bis 1832) werden ebenso einbezogen wie Altäre aus Zisterzienserklöstem in Lehnin (3. Buch) und Chorin (4. Buch), Bilder von Schinkel (für die Gropiusschen Weihnachtsausstellungen) oder Sagen über die weiße Frau (d. i. Wangeline von Burgsdorff), die er auch in Gedichten gestaltete. Mit Kunersdorf rückt auch räumlich die heroische militärische Tradition Preußens näher, die mit Zieten und Seydlitz, den einfachen Grenadieren oder eben jenem Kämmerer Schulz in Kyritz bis in die Gegenwart der napoleonischen Besetzung geführt wird. Choräle, Lieder, Volksweisheit im Dialekt - nichts fehlt, um die Gegenwart des beschworenen Zeitalters als eines goldenen der Vergangenheit in der Gegen­wart vorzuführen.

Das geschieht, wenn die vielerart verweilenden und horizonterweiternden sitten­bildlichen Schilderungen als Roman-Welten vom Leser angenommen werden, möchte man hinzufügen; und die spätere, auf den Punkt gebrachte Debatte zwi­schen Heyse-Hertz-Rodenberg und Fontane (die im nächsten Abschnitt behan­delt wird), scheint vorweggenommen, wenn Fontane an Ludovica Hesekiel an­läßlich des Vorabdruckes in Daheim schreibt;. .. im Ganzen aber ist es gerade­zu tragikomisch, mit welcher äußersten Nüchternheit solche Lebensarbeit hinge­nommen wird, am meisten natürlich von den Freunden' 29 . Hatte er, dieser hervorragende Kenner der literarischen Szene, die Wirkungen so wenig be­dacht?

Ob ich es, da das Ganze fertig in mir lebt, hier und da noch ändern kann,

ist freilich eine andre Frage. [.. .) Ich habe mir nie die Frage vorgelegt:

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