punkt der Kreuzzeitungspartei geschrieben habe. Wieviel mehr mußte ihn das Verdikt seines Romans treffen, in dem er „ächten Conservatismus", der kritisch gedacht war, gestalten wollte? 37
Wirkung und Ausblick; Krise und Neubeginn
Die zeitgenössische Debatte um den Roman ist nicht in allen Teilen gleichermaßen interessant. Fontane findet sich (wie bereits zitiert) nicht angemessen beachtet. Die Gegenwart und die Kreuzzeitung hält er für die wichtigsten Rezensionsorgane. „Mißglückt es, so bin ich verloren", 38 hatte er schon am 28. Mai 1878 an Ludovica Hesekiel geschrieben, und seiner Schwester gegenüber kleidete er seine Erwartungen in die Worte, er sei zufrieden, „wenn ich (. . .] wenigstens ein ,Etabliertsein' auf diesem Gebiet erreichte". 39 Im November bittet er den Freund Paul Heyse, „lies nachsichtig und schreibe mir ein freundliches Wort", 40 und mit werbenden Worten wendet er sich auch an Hermann Kletke, Ludwig Pietsch, Eduard Hallberger, Julian Schmidt (über Hertz) u. a. Damit sind wichtige Presseorgane angezielt, wie denn überhaupt die Korrespondenz mit Wilhelm Hertz für 1878 und 1879 belegt, daß die Wirkung in besonderem Maße gesteuert werden sollte. Wenn das mißlang, so sind inhaltliche Gründe zu bedenken.
Im Dezember 1878 und in den ersten Monaten des folgenden Jahres spitzt sich die Debatte unter Freunden zu. Heyse hat den Haupteinwand über Hertz annonciert, Fontane antwortet (ebenfalls an Hertz am 1. Dezember):
Nur in Einem - und zwar in einem Hauptpunkt - hat er entschieden Unrecht. Der Schwerpunkt des Buches liegt nicht im „Landschaftlichen" wenn er diesem Worte auch die allergrößte Ausdehnung geben und alles Deskriptive darunter verstehen will; der Schwerpunkt liegt vielmehr in der Gesinnung, aus der das Buch erwuchs (...]. Morgen abend schreib ich an Paul [...] . 41
Am 9. Dezember 1878 schreibt er dann verbindlich, dankt für Kritik (z. B. der Liebesverhältnisse, „meine Schwäche"), und bringt die Einwände im entscheidenden Punkt auf die Frage:
Nur Eines laß mich fragen. Meinst Du nicht auch, daß neben Romanen, wie beispielsweise Copperfield, in denen wir ein Menschenleben von seinem Anbeginn an betrachten, auch solche berechtigt sind, die statt des Individuums einen vielgestaltigen Zeitabschnitt unter die Lupe nehmen? Kann in solchem Falle nicht auch eine Vielheit zur Einheit werden?
Fontane zielt auf einen besonderen Zusammenhang von Gestaltung und Wirkung; wenn man „nicht willkürlich verfährt, vielmehr nur immer solche Retar- dirungen bringt, die während sie momentan den Gesamtzweck zu vergessen scheinen, diesem recht eigentlich dienen. Nicht Du, sondern andre haben mir gesagt, daß der Roman schwach in der Komposition sei; ich glaube ganz aufrichtig, daß umgekehrt seine Stärke nach dieser Seite hin liegt." 42 Was sich hier als Debatte über die Komposition gibt, hat mit Wirkung und Nachfolge
107