tane als junger Literat in Leipzig übersetzt hatte und dem er seinerzeit eine eigene Veröffentlichung widmen wollte. 7 Die soziale Anklage, die einst im Mittelpunkt von Fontanes Darlegungen über Prince gestanden hatte, spielt in der „Kastalia" keine Rolle mehr. Himmerlich ist ein nervöser und unsicherer junger Mensch, der von den Aristokraten und Offizieren, die in dem literarischen Zirkel verkehren, nicht ernst genommen wird. Sein kümmerlicher Vortragsstil und das Gedicht, das er liest, geben dem anschließenden Debüt Hansen- Grells mit der Ballade Seydlitz - auch sie stammt natürlich vom Romanautor - erst die rechte Wirkung. Fontane hat sich in dieser Szene gleichsam geteilt. Er kostet in dem triumphalen Erfolg Hansen-Grells eigene Erfolge im »Tunnel' nach, aber er ist auch Himmerlich, der sich über Spenserstrophen und Ottaveri- men verbreiten will, jedoch das Wort abgeschnitten bekommt. 8 Ironie und Selbstironie sind fast immer in der Nähe, wenn Fontane über Literaten spricht. Verspottet wird die mangelnde Übereinstimmung von Wort und Tat, wie etwa in den Herwegh-Passagen in Frau Jenny Treibel: „Ich möchte hingehn wie das Abendrot' zitiert die Kommerzienrätin ihren Lieblingsdichter, „und wie der Tag mit seinen letzten Gluten ..." — „Mich in den Schoß des Ewigen verbluten .. .", antwortet Leutnant Vogelsang. «Ja, das kenn' ich meine Gnädigste, das hab' ich damals auch nachgebetet. Aber wer sich, als es galt, durchaus nicht verbluten wollte, das war der Herr Dichter selbst." 9
Der hochfliegende ideelle Anspruch des Künstlers und seine menschliche Schwäche, seine häufige materielle Abhängigkeit und damit verbundene gesellschaftliche Deklassierung reizen Fontane, besonders in den Jahren, in denen er selbst schwer zu kämpfen hat, zu bitterer selbstkritischer Parodie. Das Refrainlied Es soll der Dichter mit dem König gehn (1891) nimmt in sechs Strophen, jedesmal mit anderem Zungenschlag, den ehemals vielzitierten Vers aus Schillers Jungfrau von Orlean s auf, konfrontiert den Höhenflug des jungen Poeten zu nächst mit der finanziellen Misere, dann mit Resignation und Kollaboration. Nicht neben dem König „auf der Menschheit Höh'n", wie Schiller es will, ist des Dichters Platz, sondern
[...] hoch, auf einem quietschetön'gen Bocke,
Sitzt er im vierten oder fünften Stocke
Und schreibt und schreibt, da läßt der Wirt sich sehn.
Er kommt um Miete (leider keine Mythe),
Doch war nicht Thoas auch ein rauher Skythe? - Es soll der Dichter mit dem König gehn. [...]
Unser Dichter, ein zweiter Raupach, arbeitet an Dramen über mittelalterliche Geschichte, indes erfolglos:
Er schreibt und schreibt; doch sich verkaufen?
Das Glück war niemals mit den Hohenstaufen,
Auch er muß diese Wahrheit jetzt verstehn.
Nun denn, so werd' ich preußisch-patriotisch,
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