Heft 
(1991) 51
Seite
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Ich will doch sehn, und muß es sein, zelotisch, - Es muß der Dichter mit dem König gehn.

Und nun geschieht's. Es rauscht in ganzen Wettern,

Auf ihn hernieder hört man's schmettern.

Er ist ein Gott, er kann gedruckt auf tausend Blättern stehn.

Ein Hofbeamter bringt ihm die Tantiemen;

Erst will er nicht, doch tut er sich bequemen, - Es soll der Dichter mit dem König gehn.

Endlich, als der »größte aller Tage' gekommen ist, folgt die Auszeichnung mit dem Kronenorden vierter Klasse. 10 Es sind Verse, die Fontane zu Lebzeiten nicht drucken zu lassen wagte.

Der seinerzeit so verbreitete Autoritätsglaube, der nicht selten mit einer eng­herzigen, krämerhaften Gesinnung verschwistert war, wirkte sich auch auf die Beschäftigung der Öffentlichkeit mit Literatur negativ aus. Ein sentimen­tales Verständnis akzeptierte eigentlich nur den Dichterfürsten oder den Dach­kammerpoeten. Der Zorn Fontanes auf die leblose Art, mit den Klassikern um­zugehen, hat zuweilen auch sein Verhältnis zu diesen in Mitleidenschaft ge­zogen. Für die Poesie in der Dachkammer hatte er jedes Verständnis verloren. Das Gedicht Der echte Dichter - »Ein Dichter, ein echter, der Lyrik betreibt, / mit einer Köchin ist er beweibt, / Seine Kinder sind schmuddlig und unerzogen" -, das wir seit 1892 in den Ausgaben von Fontanes Gedichten lesen, ist nur die abgeschwächte Fassung von dem, was er zunächst geschrieben hatte und eben­falls nicht drucken lassen wollte. Die erste Version trug den Titel Wie sich die oberen Zehntausend einen , echten ' Dichter denken und wünschen und war, wie er am 15. April 1891 an Hans Hertz schrieb, «furchtbar malitiös'. 11 Durch Armut und Wirkungslosigkeit sah Fontane die Situation des Schriftstellers bestimmt.

In kleinen Gelegenheitsgedichten auf befreundete Kollegen, meist aus Anlaß eines Festtags rasch entworfen, überwiegt natürlich eine positive Grundstim­mung und ein huldigender Ton.

O Heil'genstadt, du heil'ge Stadt Die Dichter in den Mauern hat.

Nicht bändereiche, nicht enorme.

Doch Storm und seine kleinen Storme,

Die, wenn sie naht, die Weihnachtszeit,

Gelesen werden weit und breit Am Ofen und am Flackerfeuer,

Die »Immensee', die »Hinzelmeier'.

O Heil'genstadt, beschütz' den Mann,

Daß er noch vieles dichten kann. 12

ln solchen Augenblicksschöpfungen bis hin zu den gereimten Toasten ist Fon­tane ein Verzug der Musen. Zuweilen ist aber doch bei aller scherzhaften Leich-

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