„Na, das ist brav. Comme philosophe! Das lob' ich Und will nicht stören. Aber eines sagt ihm:
Ich lüd' ihn ein (er mag die Zeit bestimmen.
Ein Jahrer zehne will ich gern noch warten).
Ich lüd' ihn ein nach Sanssouci; sie nennen's Elysium droben, doch es ist dasselbe.
Dort findt er alte Freunde: Genral Stille,
Graf Rotenburg, die ganze Tafelrunde,
Nur Herr von Voltaire fehlt seit Anno 70;
Franzose, rapplig. Dieser Platz ist frei.
Den reservier' ich ihm. Bestell' Er's. Hört Er?
Ich bin Sein gnäd'ger König. Serviteur !" 35
Als „wahrscheinlich das beste von Fontanes Gelegenheitsgedichten' ist Auf der Treppe von Sanssouci kürzlich bezeichnet worden. 36 Man kann sich unschwer vorstellen, daß Fontane selbst diesem Urteil nicht widersprochen hätte - jedenfalls hat er vom besonderen Rang dieser Strophen gewußt. Es hängt mit Fontanes Enttäuschung über Menzels wenig positive Reaktion zusammen, wenn wir relativ ausführlich darüber unterrichtet sind, wie stolz er auf seine Verse zu dessen 70. Geburtstag war. In der Tat ist Menzels Ärger angesichts einer solch hinreißenden Huldigung kaum verständlich. Vermutet wird zumeist, der Jubilar habe daran Anstoß genommen, daß Fontane ihm mittels der dem König in den Mund gelegten Aufforderung nur noch zehn Lebensjahre zugedacht habe (tatsächlich brachte er es auf die doppelte Zeit). Auch an der Wendung „Pour le merite, natürlich Friedensklasse' in der Auflistung der Auszeichnungen konnte die „kleine Exzellenz' Anstoß genommen haben, denn es lag darin eine Anspielung auf Militäruntauglichkeit. Menzel maß nur 1,38 m.
Aber nicht nur von dem Kollegen, auch von der Vossischen Zeitung fühlte sich der in solchen Dingen höchst verletzliche Fontane damals vernachlässigt: „(...] man ließ mich fühlen, daß man das Gedicht nur aus Gefälligkeit drucke und weil es doch nun mal da sei. Ich hatte geglaubt, man würde mich umarmen (und man hätt' es gemußt) und mir alle möglichen schönen Dinge sagen. Ja, ich mache Ihnen gern und offen das Bekenntniß, ich hatte geglaubt, man werde mir 12 Flaschen Champagner oder dergleichen ins Haus schicken.' 37 Auch Auf der Treppe von Sanssouci enthält den Hinweis auf die schlechte Lage des deutschen Schriftstellers. Der König und der Sprecher sind sich in dieser Einschätzung einig, wobei unausgesprochen bleibt - was jedoch dem Leser bekannt ist -, daß der König die deutsche Literatur geringachtet und von ihm daher auch keine Hilfe zu erwarten ist. Der Erzähler, der sich selbst als Schriftsteller bezeichnet, scheint daran aber keinen Anstoß zu nehmen. Sein Bekennt- nis: „Ich mache Verse' erinnert in eher belustigender Weise an den fatalen Vorwurf, mit dem der königliche Generaladjutant von Köckeritz in Schloß Charlottenburg den heimgekehrten Kleist empfing: er habe „Versehe gemacht'. 38 Preußen, so könnte man sagen, ist Preußen geblieben, und travailler pour le roi de Prusse heißt noch immer: unbelohnt dienen. Der Respekt und die Bewunde-
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