rung des Erzählers für den König, seine Sympathie für den unverwechselbaren Charme der friderizianischen Welt, wie er sie kennt (und natürlich kennt dieser Erzähler von 1885 sie nur mittelbar aus Geschichtsschreibung, Kunst und Legende), lassen indes keine Kritik aufkommen - allenfalls den Spott der Liebe. Sodann erweist ja die Erzählung, daß der strenge König, wenn er es für angemessen erachtet, in königlicher Weise zu beschenken weiß. Die Einladung Friedrichs an Menzel, den freigewordenen Platz Voltaires an seiner Tafelrunde zu besetzen, gibt dem verklärten Geschehen den geistvollen Abschluß.
Man kann nicht genug bewundern, wie Fontane als Künstler eine Zeitstimmung nach ihren lebendigen Kräften aufzunehmen und zugleich in ihren problematischen Tendenzen vorsichtig-mahnend zu korrigieren weiß. Friedrich und seine Zeit waren, als Fontane sein Gedicht schrieb, sehr en vogue. Das wilhelminische Deutschland sehnte sich nach dem alten Preußen mit der ganzen Sehnsucht der Mittelmäßigkeit nach einem überlegenen Stil. Es dauerte nicht mehr lange, bis Wilhelm II. Hofbälle in friderizianischen Uniformen und Toiletten veranstaltete und - damit hatten allerdings seine Vorgänger schon begonnen - seine Garde bei festlichen Anlässen mit den charakteristischen Grenadierblechmützen paradieren ließ. Fontane opponierte gegen diese Inanspruchnahme zunächst nicht. Seine persönliche Sympathie für das alte Preußen, besonders für die frideri- zianische Epoche, war tief gegründet. Sie ist noch im Stechlin spürbar, obwohl er in dieser seiner »Summe' einer seiner Lieblingsfiguren, Pastor Lorenzen, distanzierte Sätze in den Mund gelegt hat. 39 Menzels künstlerische Interessen knüpfte er in Auf der Treppe von Sanssouci - und auch hierin könnte ein Grund für dessen unvermutete Zurückhaltung gelegen haben- wahrscheinlich etwas enger an die .Fritzen- Welt', als das abwägende kunsthistorische Urteil bestätigen wird. 40 Aber mit dem einzigen Hinweis auf Voltaire brachte er in der Gesamttendenz sozusagen alles wieder ins Gleichgewicht. Dieser Hinweis genügte, um aller borussischen oder nationalistischen Enge zu begegnen. In vergleichbarer Weise hatte er 1871 im dritten und letzten seiner „Einzugsgedichte" mit einem Friedrich in den Mund gelegten „(...) nun ist es genug' - so spricht der König von seinem Denkmal herab zu den Unter den Linden aufmarschierten Soldaten - eine Formulierung gewählt, die es erlaubt, die Anerkennung mit einer Mahnung verbunden zu sehen. 41
Es ist die Wächterrolle des Geistes, die hier von einem wachsamen Kopf und einem guten Erzähler unaufdringlich geübt wird. Indem Fontane dem großen Maler an der Tafelrunde den Platz des großen Aufklärers zuwies, stellte er zugleich einen für seine Zeitgenossen keineswegs selbstverständlichen Zusammenhang her.
Weil Kunst aus dem Geist geboren ist, mündet die Arbeit des Künstlers, auch dies wird in Erinnerung gebracht, zuletzt in die Freiheit: „,Na, das ist brav. Comme philosophe', lobt der König die von Menzel gewonnene Unabhängig- keit. 42 Bei der Nennung von Menzels Schöpfungen bot Fontane eine „Enzyklopädie des Realismus' (Reuter), 43 arbeitete aber selbst bei der Schilderung des nächtlichen, winterlichen Parks mit feinsten impressionistischen Stimmungsrei
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