I.
Ganz und gar nicht ungewöhnlich war nämlich eine solche zweiteilige Struktur für die Werke des Amerikareisenden und Abenteuerschriftstellers Balduin Möll- hausen (1825-1905), zu dessen Markenzeichen das Deutschland/Amerika-Schema im Gegenteil zur Zeit der Entstehung von »Quitt' längst geworden war. 3 Bis zum Jahr 1890 waren bereits achtzehn Romane Möllhausens erschienen, die bewußt mit diesem Kontrast deutscher und amerikanischer Schauplätze arbeiteten. 4 Möllhausen war ein Vorläufer Karl Mays im gleichen Genre; May hat sich immer wieder Fakten und Beschreibungen bei Möllhausen, der im Gegensatz zu ihm die wildwestlichen Schauplätze aus eigener Anschauung kannte, ausgeliehen. 5
Fontane und Möllhausen waren persönlich miteinander bekannt; Fontane hat einen Aufsatz über Möllhausen veröffentlicht, und er hat den Autor mehrfach in seinen »Wanderungen durch die Mark Brandenburg' - im Band »Fünf Schösser' - erwähnt. Diese Tatsachen sowie ihre zeitliche und inhaltliche Verflechtung mit der Entstehung von »Fünf Schlösser' und »Quitt' legen die Annahme nahe, Fontane habe sich das besondere Charakteristikum seines Romans - eben die Schauplatz-Zweiteilung - bei Möllhausen ausgeliehen. Er selbst hat sich dazu offenbar nie direkt geäußert. Allerdings können einige Sätze aus seinem 1882 veröffentlichten Aufsatz über Möllhausen als Anspielung auf diese zweiteilige Form verstanden werden: »Alles was B. Möllhausen produziert, hat eine starke Familienähnlichkeit; es sind Früchte vom selben Baum. Aber diese Familienähnlichkeit entstammt nur einer verwandten Art und Weise, die Stoffe zu behandeln." 6
Kennengelernt hatten sich die beiden bei der berühmten »Tafelrunde' des Prinzen Friedrich Karl (1828-1885) in Dreilinden, nahe Potsdam. Möllhausen kannte den Prinzen bereits seit dem Beginn der 1860er Jahre. Der Tafelrunde gehörte der Schriftsteller später dann - als einer der wenigen Bürgerlichen und Zivilisten - fast zwanzig Jahre lang an, bis zum Tod des Prinzen im Jahr 1885. Die .Tafelrunde von Dreilinden' traf sich in dem 1867 für den Prinzen im Düp- peler Forst errichteten Forsthaus; 7 sie war als gemäßigt liberale Opposition bekannt.
Möllhausen schrieb nach dem Tod des Prinzen:
»Mit der Pünktlichkeit der dem Wandertriebe folgenden Schnepfe siedelte der fürstliche Jagdherr zweimal im Jahre auf fünf bis sieben Wochen nach Dreilinden über: im Frühling gegen Ende März, im Herbst gewöhnlich in der zweiten Hälfte des Oktober. Auf Berlin entfielen höchstens drei Wintermonate; den Sommer verbrachte er dagegen, wenn nicht auf Reise, zum Theil in dem Jagdschloß Glienicke bei Potsdam oder, in den letzten Jahren, auf Rügen." 8
In der Runde herrschte „volle Redefreiheit und freie Aussprache der Ansicht'9 ; a uch Möllhausen schätzte es, daß »ein freies offenes Wort stets willkommen' 10 w ar. Der Prinz hatte sich als Gegner des Parade- und Gamaschendienstes profiliert, »trauriger Überbleibsel der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts'. Von
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