sen als jesuitische Intrige geschildert), wird zunächst - wie der historische Gustav Kinkel 60 — in Spandau inhaftiert, dann - ebenso wie dieser - abenteuerlich befreit und setzt sich - gleich Kinkel - nach Amerika ab. Der Vormund Gustavs, der sozusagen den moralischen Gegenpart zu diesem abgibt, ist - wie Fontanes Opitz - Oberförster. Im Gegensatz zu Opitz ist er aber «duldsam und liberal in Religionsangelegenheiten und nachsichtig gegen Holzfrevler, namentlich wenn sie die Kriegsgedenkmünze trugen und ihn, statt mit .Herr Oberförster' .Herr Oberschleitnamp zu Befehl' anredeten.' 61 Andere Eigenschaften, besonders seine Ordnungs- und Preußenliebe, hat Möllhausens Förster mit Opitz gemeinsam: «Für ihn gab es nämlich nur zwei Farben: schwarz und weiß; nur zwei Melodien: .Heil dir im Siegerkranz' und ,So leben wir'; nur einen Musterstaat: Preußen, und nur einen König: Friedrich Wilhelm den Dritten.' 62 Beide Helden, Fontanes wie Möllhausens, fliehen nach Amerika; Wandel wird dort Trapper und später friedlicher Weinbauer, Lehnert zunächst Goldgräber und dann Farmgehilfe. Beiden bietet Amerika also die politische und individuelle Freiheit, die sie gesucht haben. Weiter gehen die Gemeinsamkeiten beider Autoren in diesem Punkt jedoch bezeichnenderweise nicht. Möllhausens Held findet, unerwartet, aber entsprechend einer dunklen Prophezeiung zu Beginn, eine entfernte Verwandte seines Vormundes, heiratet diese, gründet Familie, findet Glück, Ende seiner Einsamkeit und Happy end. Fontanes Lehnert bleibt eine solche Familienzusammenführung verwehrt: Seine Mutter und die von dieser für ihn bestimmte Frau bleiben allein in Deutschland zurück, er sieht beide nie mehr wieder; auch zu einer Hochzeit mit Ruth, seiner Verlobten in Amerika, kommt es nicht mehr. Er stirbt, wie er es nie gewollt hat: in steinerweichender Einsamkeit.
Die Gründe für diesen wichtigen Unterschied im Lebensverlauf der Helden beider Autoren sind nicht so leicht zu finden, wie man zunächst glauben könnte. Wohl waren Fontane - anders als für Möllhausen, dem .Bürgerlichkeit' der Inbegriff des höchsten Glücks bedeutete - bürgerliche Wohlanständigkeit und die damit zusammenhängende ganze Familienideologie längst fragwürdig geworden. Familie ist in «Quitt' nur ein vorübergehend beglückender Zustand: Lehnert kann nur zwei Jahre im Idyll der Mennonitenkolonie - „a happy family' 63 - leben. Seine Einsamkeit ist die der Schuld, also eine universale and metaphysische. Doch die wahrlich brachiale Rolle, die .Fatum' 64 und «Bestimmungen' 65 im negativen Schicksalsverlauf von Fontane ansonsten durchaus bemerkenswerter Hauptfigur spielen - etwa die „düstere Prophezeiung' 66 l'Hermites - deckt sich spiegelbildlich nur zu genau mit dem Prophezeiungs- optimismus (in Gestalt der Figur des Fräulein Brüsselbach) der Möllhausenschen Romanmaschinerie. Fontanes erzählerische Andeutungen, sein Held werde durch das ihn plagende »Gewissen' ein Opfer seiner eigenen, von Schuldvorwürfen zum Wahn hin verengten Vorstellungswelt, können über die durchweg - und e ben wie bei Möllhausen - anzutreffende Einfachheit und Durchsichtigkeit des ganzen Vorausdeutungs- und Verweisungssystems nicht hinwegtäuschen.
Jedoch auch seine inhaltlich eher großzügig aufgefaßte, durchaus unbürgerliche Vorstellung von .Familie' konnte Fontane bei Möllhausen finden: am Schluß
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