Und endlich kommt der größte aller Tage,
Bei zwei Behörden schwankt die stille Waage,
Ob Titel oder Orden soll geschehn.
Hofrat ist schon zu viel für solche Masse,
Gebt ihm den Kronenorden 4ter Klasse, - Es soll der Dichter mit dem König gehn.
Jede der sechs Strophen skizziert eine Stufe auf der Karriereleiter eines jungen Dichters, die ihn auf die erstrebte Höhe führt, welche der Titel als sein Ziel nennt: „Es soll der Dichter mit dem König gehn". Die Refrainzeilen scheinen diese Hoffnung regelmäßig wie Ansporn und Aufmunterung zu bestätigen, klingt doch die Fortsetzung des Schillerzitats immer mit: „Drum soll der Sänger mit dem König gehen, / Sie beide wohnen auf der Menschheit Höhen!' 11 Schiller, so darf man vermerken, war noch recht bescheiden, wenn er dem Dichter die „Höhen der Menschheit' als den ihm angemessenen Platz zuwies. In den Dichtergedichten des nachromantischen 19. Jahrhunderts pflegt dieser sich in weit exklusivere Höhenlagen zu begeben: „...der Aufenthaltsort des Poeten hat numinosen Charakter (Berggipfel, Tempel) und ist stets hoch gelegen, manchmal direkt im Himmel; er gewährt ihm einen weiten Überblick - der dann metaphorisch auch auf die Zeit übertragen wird und Vision und Prophetie aus dem Wissen oder gar dem Besitz der Ewigkeit ermöglicht -, was den Dichter ebenso wie seine nur ihm erreichbare Höhe vor allen anderen Zeitgenossen auszeichnet." 12 Dieser stilisierte Kontrast von Oben und Unten, von entlegenem, überragendem Standort des Dichters und profanem Getriebe des flachen Landes (in des Wortes doppelter Bedeutung), ist in einem Maße prägend für das Bild des Dichters in den einschlägigen Gedichten des 19. Jahrhunderts, daß man von einem konstitutiven Merkmal des Formtypos sprechen kann, das mit erstaunlicher Kontinuität beibehalten wird, allen stilistischen und thematischen Neuerungstendenzen zum Trotz. Auch Fontane greift also die traditionelle, man darf sagen: konventionelle Metaphorik des erhöhten Dichterstandpunktes auf - von Numinosem ist hier allerdings nichts mehr zu spüren. 13 In welcher Weise verwendet Fontane die Vorstellung von Höhe, und welche Begriffe und Implikationen sind mit ihr verknüpft?
Zeichnet sich bei der Verfolgung der Laufbahn des Dichters ein steter Anstieg bis zu einem Höhepunkt hin ab, so gilt für „das Hohe", das selbstverschriebene Motto eines Berufsstandes und den Wahlspruch seines Vertreters, das genaue Gegenteil: am Ende des Gedichts und am Ziel des Erfolgsstrebens ist dieses Hohe „heruntergekommen". Der Vorsatz des strebsamen Jünglings - Ein Dichter will ich werden. Nur das Hohe / Sei Gegenstand für jene heil'ge Lohe, | Die mich durchglüht - kennzeichnet den Anspruch und das Idealbild, „hohe Literatur" zu verfassen, die sich über den Durchschnitt des Alltäglichen erhebt, den hohen Stil pflegt und somit sowohl die Abkehr von den Niederungen des Brotberufes (Ich will nicht Staub von Akten und Pandekten) wie auch von den „niederen" Stoffen (Ich will nicht Streit von Ragen, Kirchen, Sekten) vo l lzieht. 19