Zu Beginn seiner Laufbahn in der zweiten Strophe trifft man den Hoffnungsvollen bereits an höherem Orte - jedoch in einem sehr physischen und nüchternen Sinne. Das Hohe bezeichnet hier schmählich unpoetisch die Wohn- höhe in einer oberen Etage und die Sitzhöhe auf dem quietschetörigen Bocke, ist also keineswegs dazu geeignet, die Niederungen des Alltagsdaseins in Gestalt des Hauswirts, der die Miete kassiert, von ihm fernzuhalten . 14 Über die Schwierigkeiten, die ihm die Unvereinbarkeit von Miete und Mythe hier noch bereiten, kann er sich bald hinwegsetzen, gewinnt doch das Höhere in seiner Dichtung nun die Oberhand. Der Entschluß, mit dem König zu gehen, wird ganz wörtlich in die Tat umgesetzt; mit der Wahl der historischen Stoffe werden das Hohe und die „hohen Persönlichkeiten' kurzerhand für identisch erklärt, und Kaiser, Könige und Regenten sind es nun, die mit ihrer hohen Stellung für das hehre Ideal einzutreten haben. Da diese Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt sind, wendet sich der Dichter von der historischen Vergangenheit ab und der Gegenwart zu und widmet sich jenen preußisch-patriotischen Stoffen und Themen, die die Aufmerksamkeit und das Wohlwollen der gegenwärtig Regierenden versprechen . 15 Die trotzig-verbissene Entschlossenheit, mit der er sein Ziel ins Visier nimmt - Nun denn, so werd ich preußisch-patriotisch, | Ich will doch sehn, und muß es sein, zelo- tisch 16 deutet darauf hin, daß „das Höhere" bereits der sprachlichen und
gedanklichen Inflation zum Opfer gefallen ist und manches von dem ihm ursprünglich zugeschriebenen Wert eingebüßt hat. Die dritte und vierte Strophe entlarven die Doppeldeutigkeit des zu Beginn formulierten Anspruchs, nur das Hohe dürfe Gegenstand für jene heil'ge Lohe sein: Sollten eigentlich nur höchste Gegenstände und hoher Stil dem Ideal gerecht werden können, so wird das Hohe jetzt „verheizt", wie der große Verschleiß an gekrönten Häuptern nahelegt. Der ein Dichterkönig 17 werden wollte, ist ein Königsdichter geworden. Die Variation der Refrainzeile in der dritten und vierten Strophe — Es muß der Dichter mit dem König gehn - unterstreicht dies: der ehemals moralische Imperativ verwandelt sich in einen Imperativ des Utilitarismus und der Zweckorientierung. Mit dieser Wendung nimmt der eigentliche Aufstieg seinen Anfang: Er ist ein Gott, er kann gedruckt auf tausend Blättern stehn. Der Dichter hat den Höhepunkt des Ruhms, der Verehrung und der Anerkennung erreicht; das hohe Ideal aber hat seine Gestalt merklich verändert, drückt sich doch die Höhe nunmehr in der Auflagenhöhe, der Höhe der Tantiemen und der hohen äußerlichen Wertschätzung des „Gottes" aus.
Am Schluß der hier skizzierten Laufbahn, am größten aller Tage, hat der Dichtergott seinen weltlichen Gipfel erreicht: man verleiht ihm den Kronenorden. Vom dichterischen Ideal ist nun längst nicht mehr die Rede, und auch die Auszeichnung nimmt sich eher bescheiden aus. Die Verleihung eines Hofrattitels wird verworfen, wäre sie doch schon zu viel für solche Masse; einen Orden gesteht man ihm zwar zu, aber nur den vierter Klasse. Das Ideal jedoch, das der Jüngling noch zu erreichen wünschte, hat er nun mit seinem bemühten Streben von seiner Höhe herabgeholt und zu einem Tiefpunkt ge-
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