„Am 16. Dezember 1847 kam Kertbeny aus London nach Berlin und bewegte sich in den literarischen Kreisen der preußischen Hauptstadt. Er wurde Mitarbeiter des Berliner .Magazins für die Literatur des Auslandes' über Ungarn. Er verkehrte mit Varnhagen, Alexander von Humboldt, Bettina, Max Stirner, Theodor Mundt, Karl Beck, J. L. Klein und anderen. In den Märztagen 1848 nahm er auch an dem ,Rummel' teil, begegnete dem Fürsten Pückler-Muskau und traf auch mit Theodor Fontane zusammen, dessen Interesse er für die ungarische Freiheitsbewegung jener Tage, wie auch für die ungarische Literatur zu erwecken suchte. Er sprach ihm, wie allen seinen literarischen Bekannten über das unglückliche Los seines Vaterlandes, erzählte dem Epiker über den bereits berühmt gewordenen Arany, und las ihm wohl auch dessen (damals besonders zeitgemäßes) Gedicht .Der gefangene Storch' (erschienen 1847) vor, eine Allegorie des hartbedrückten Landes. Auch später unterließ er es nicht, Fontane auf Aranys Poesie aufmerksam zu machen. Am Anfang 1851 widmete er ihm die Übersetzung eines erzählenden Gedichtes von dem größten ungarischen Epiker: .Erzählende Dichtungen von Johann Arany. Aus dem Ungarischen. II. Band. Die Belagerung von Murany. Historische Dichtung in vier Gesängen. Dem deutschen Dichter Theodor Fontane gewidmet. Leipzig 1851. Herbig.' 184 S. - Fontane schreibt darüber an Friedrich Witte (seinen gewesenen Genossen in der .Polnischen Apotheke') am 1. Mai 1851 folgendes: .Aus Leipzig erhielt ich vor drei Wochen ein Buch .Die Eroberung von Murany', episches Gedicht von Arany, übersetzt von Kertbeny. Letzterer (Verfasser und Übersetzer sind Ungarn) hat das Buch ,dem deutschen Dichter Theodor Fontane als ein Zeichen usw.' gewidmet, was sich auf dem schönen weißen Papier sehr hübsch ausnimmt und mir viel Freude gemacht hat. Meine .Rosamunde' hat ihn so begeistert." (Theodor Fontanes Briefe. Zweite Sammlung I, S. 34. Gesammelte Werke. Zweite Serie, Band X.)
Kertbeny kam tatsächlich im Jahre 1847 nach Berlin, doch fehlt jeglicher Hinweis darauf, daß er Fontane persönlich kennengelernt haben sollte. Weder in Fontanes Briefen oder Erinnerungen an diese Zeit, noch in den „Kurze (n) Memoiren von K. M. Kertbeny' (Dresden o. J., sicherlich nach 1861) oder den sehr ausführlichen „Datenblätter (n) zu K. M. Kertbenys Memoiren' (hrsg. v. Josef Fekete, Leipzig 1876/77) wird ein Treffen Kertbeny-Fontane erwähnt. Da beide Publikationen Kertbenys Leben möglichst ausführlich und genau wiederzugeben versuchen, können wir behaupten, Kertbeny habe Fontane nie persönlich getroffen, denn wenn Kertbenys Kontakt zu Fontane und seine Einflußnahme auf diesen tatsächlich so intensiv gewesen wäre, wie uns das Gragger darstellt, würde entweder aus Fontanes oder Kertbenys Feder ein Beleg vorliegen.
Die Widmung an Fontane ist belegt, es handelt sich dabei sogar um eine gedruckte Widmung und nicht „nur" um eine handschriftliche in dem Fontane zugesandten Exemplar. (Die Widmung lautet vollständig: „Dem deutschen 93