Heft 
(1991) 52
Seite
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Gutsherr' (Az üj földesür) zeige (Különösen Petöfy gröfban ismerhetök fei a magyar näbob alakjänak nyomai, mig a cselekveny Az üj földesür hatäsät mutatja.').

Diese Behauptungen sind - ebenfalls - nicht korrekt:

Erstens bestand im damaligen Mitteleuropa kaum ein Unterschied zwischen den adligen Schlössern und Palästen, so daß eine .Ähnlichkeit' zu den Be­schreibungen in Jökais Romanen nicht weiter verwundern kann. Müller- Seidel hat das sehr deutlich formuliert: »Die Schlösser der europäischen Adelswelt werden sich im großen und ganzen so wenig voneinander unter­schieden haben, wie sich die Flugplätze aller Welt voneinander unterschei­den.' 21 Zudem wird Graggers Bemerkung hinfällig, wenn man bedenkt, daß für Schloß Arpa, das Schloß der Petöfys in Ungarn, Fontane ein .Modell' besaß. Er benutzte jene Notizen über Schloß Ilsenburg, die er sich einst für die Novelle »Ellernklipp' angefertigt hatte. 22 Jökai hatte mit diesem Schloß im Harz natürlich nichts zu tun ...

Zweitens versucht sich Franziska nicht an .Jökais' Romanen, sondern - und dies ist die einzige Stelle im ganzen Roman, an der Jökai überhaupt erwähnt wird - sie sagt in den ersten Tagen ihres Aufenthaltes in Ungarn zu ihrem Ehemann, dem Grafen: »Ich beginne morgen Ungarisch, und sind wir im nächsten Sommer wieder hier, so lese ich dir den ,Pesti Hirlap' in der Ur­sprache vor oder wohl gar Jökais neuesten Roman.' 23 Drittens deutet schon die vorsichtige Formulierung Graggers an, daß er sich bei der Benennung der Jökai-Romane, die Fontane beeinflußt haben sollen, nicht sicher ist. Fon­tane konnte theoretisch sowohl ,Egy magyar näbob" (»Ein ungarischer Na- bob'; 1853, dt. 1856) als auch »Az üj földesür' (»Der neue Gutsherr'; 1862, dt. 1871) auf deutsch gelesen haben. Ob er das getan hat, ist fraglich. Über die Ähnlichkeiten in der Darstellung der adligen Gestalten mag man das­selbe sagen wie zur Beschreibung ihrer Wohnsitze. In Jökais Roman .Der neue Gutsherr' geht es im wesentlichen darum, daß die Hauptgestalt vom kaisertreuen Ungarnhasser zum begeisterten Patrioten wird, während Fon­tanes Petöfy gerade durch das schwere Dilemma von Treue zur österreichi­schen Majestät einerseits und Patriotismus zu Ungarn andererseits eine seiner schwersten inneren Wunden erhalten hatte, die ihn noch immer schmerzt. Bei Fontane ist diese Thematik zu keinem endgültigen Abschluß gebracht, zu­gleich ist dieser Aspekt - wenn auch kein unwichtiger - nicht der wichtigste des Fontaneschen Romans.

Daß Fontane Jökai gelesen habe, um etwas über Ungarn in Erfahrung zu bringen, wäre auch nicht einleuchtend, denn er kannte das Buch »Geschichte der Ungarn und deren Landsassen' (Leipzig 1812-25) von Ignaz Aurelius Feßler (1756-1839), auf das er sich auch in den .Wanderungen' bezieht. 25 Feßlers Namen gab Fontane im »Graf Petöfy" übrigens der sympathisch ge­zeichneten Gestalt des Pater Feßler.

Doch wenden wir uns nach diesem kleinen Exkurs über Graggers Behand­lung von Jökais Einfluß auf Fontane erneut dem Artikel zu. Nun spricht Gragger über die »Barcsai'-Ballade:

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