Heft 
(1991) 52
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Mit aufrichtiger Freude begrüße ich auch das bisher einzige Mitglied unserer Gesellschaft in Irland, Frau Professor Dr. Eda Sagarra. Auch sie ist offen­sichtlich nicht unbeeindruckt von der geheimnisvollen Macht jenes Gewässers, das Charlotte Jolles einmal mit glücklicher Anspielung auf ein berühmtes Werk der Literatur unseres Jahrhunderts »Fontanes Zaubersee' genannt hat. Frau Kollegin Sagarra hat den nach diesem Zaubersee benannten Roman Fontanes nicht nur den Festvortrag des heutigen Abends, sondern ein ganzes Buch ge­widmet. Aber wir, meine Damen und Herren, dürfen beruhigt sein: Beide Da­men erliegen der Dämonie dieses märkischen Zaubers nicht: Charlotte Jolles nicht, denn sie hat es ausdrücklich abgelehnt, die kluge Gräfin Melusine zur Schutzpatronin unserer Gesellschaft zu machen, »weil sie das Eis nicht auf­hackt'. Eda Sagarra nicht, denn sie hat es doch in ihrem Buch unternommen, den » Stechlin", diesen nach Fontane » politischen ' Roman, der aber einer anderen Selbstäußerung des Dichters zufolge, » blos eine Idee, die sich einkleidet, dar­stellt, als großen Zeitroman der Epoche plausibel zu machen. Der » Stechlin ist eine ganze Reihe von Jahren überwiegend als das eigentümlich blutlose Werk eines Greises betrachtet worden. Nun erkennen wir vermehrt, was dieses Sprachkunstwerk höchsten Ranges auch als zeitgeschichtliches Dokument be­deutet, - Herr Kollege Keiler, ich reduziere Fontane nicht auf die Kunst! -, wieviel Wirklichkeit er enthält, und das hat Eda Sagarra bewirkt, die die blassen Linien dieses »Spätwerks' interpretierend nachgezogen hat. Wir dan­ken ihr für diese große Bemühung, denn, wie Fontane an anderer Stelle dra­stisch formuliert, » den Ideen Hosen anziehn ..., ist eine Kunst, die immer nur sehr wenigen gelungen ist.

Nun habe ich von der Freude gesprochen, die ich am Beginn dieser Tagung empfinde, und noch nicht von dem »Zittern und Zagen', dessen nähere Be­schreibung ich Ihnen ebenfalls in Aussicht gestellt habe. Was betrifft es? Nicht so sehr das Bewußtsein für die eine oder andere Unzulänglichkeit, die bei der bisherigen Arbeit der Gesellschaft oder der Vorbereitung dieses Treffens er­kennbar geworden sein mag, und die mir im einzelnen vielleicht gar nicht im­mer bekannt ist. Selbstverständlich bitte ich um Entschuldigung für jeden ver­meidbaren Fehler, den wir gemacht haben. Die Mitgliederversammlung wird Gelegenheit geben, dazu Hinweise und Anregungen vorzubringen; nicht min­der das Gespräch mit einzelnen Vorstandsmitgliedern, die Wünsche oder Kri­tik sammeln und in der gemeinsamen künftigen Arbeit zu verwerten suchen werden. Ich habe aber das Zutrauen, daß eine Fontane-Gesellschaft ein unge­wöhnlich verständiges Publikum bildet, das um die Gebrechlichkeit der Dinge weiß. Dabei denke ich auch an alle materiellen und rechtlichen Probleme, die mit der Errichtung und dem Bestehen eines Vereins, wie wir es sind, Zusam­menhängen.

Natürlich ist diese captatio benevolentiae nicht dazu bestimmt, den Vorstand zu entlasten. Zum Beweis zitiere ich hier gleich einen preußischen Landrat, Baron von Innstettens Äußerungen gegenüber Crampas, als der sich mit den Vorschriften über Baden in der Ostsee und Robbenschießen nicht einverstan-

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