Heft 
(1992) 53
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einem Abschluß. Als anerkannter Rütlione beteiligte sich der Husumer dann schon an der Diskussion um Adolf Menzels Titelblatt-Entwurf, mit dem dieser Kugler "ein großes Herzeleid bereitet" hatte. 47 Friedrich Eggers war vom Rütli beauftragt worden, Menzel um ein solches Blatt zu bitten. Es sollte die Wirkung der verwegenen und übermütigen Merckelschen Einleitungsverse für die "Argo" abschwächen. An diese selbst hatte Kugler Fontane gebeten, mildernde Hand anzulegen. 48 Das Menzelsche Bild, das dieser rasch angefertigt hatte, fiel im Rütli durch. Storm, der von der Idee Menzels anfangs angetan gewesen war, riet nun gleichfalls davon ab, dieses Blatt als Titelbild eines seriösen Jahrbuches zu verwenden. 49 Übereinstimmung zwischen Kugler und Storm dürfte auch ge­herrscht haben, als Fontane, eben mit seiner Novelle James Monmouth fertig geworden, diese in das Feuilleton der "Preußischen Zeitung" und nicht für die "Argo" geben wollte. Es gelang, ihn davon abzubringen. 50 Die Rütli-Versamm­lungen, bei Storms Ankunft in Berlin mehrfach "kleine Abendgesellschaften" 51 , kehrten auf diese Weise zu ihrem arbeitsamen Vereinigungsalltag zurück.

Zu diesem Alltag paßte durchaus, daß der Kreis die Unterstützungsschritte für Storms berufliches Fußfassen betrieb, ohne damit gleich erfolgreich zu sein. Am 18. September wurde Storm vom Justizminister Simons, "der ein sehr guter Mann sein soll, ..., wie mir später von Merckel bestätigt wurde" 52 , empfangen. Nachdem der Husumer Jurist sein Anliegen «vorgetragen hatte, war Simons da­mit einverstanden, daß Storm auf dem Gebiet des Landrechts arbeiten sollte, "meinte aber, es sei richtiger, an einem andern Ort als Berlin, obgleich er seiner­seits dem nicht entgegenstehen wolle, zu volontarisieren, er könne und wolle mir darin nicht raten, ich möge das mit meinen hiesigen Freunden überlegen" 53 . Bemerkenswert erscheint, wie die "hiesigen Freunde" nun auch offiziell als Be­rater legitimiert wurden. Merckel brachte Potsdam ins Gespräch 54 , da der Direk­tor des Potsdamer Kreisgerichts "ein netter Mann und sein Schwager (Karl Gustav von Goßler - R.B.) dazu" 55 sei.

Diese Nachrichten erleichterten Storm, der sich bewußt war, daß er "Kuglers Gastfreundschaft nicht so ins Blaue hinein in Anspruch nehmen" 56 konnte, ob­wohl er Kugler "jeden Tag lieber" 57 gewönne und man in bestem Einvernehmen stand. Deutlich wird, wie weit der Einfluß des Rütli reichte und wie engagiert er ihn geltend machte. Merckels Verständnis vom Rütli als einer "republikanischen Genossenschaft" 58 erhält von daher ihren Sinn. Wem in dieser Runde Aufnahme gewährt wurde, der durfte auf dieses Engagement rechnen. Storm besann sich nicht lange und fuhr am 20. September nach Potsdam, um dort vorzusprechen. Fünf Tage später schien alles entschieden. Storm reiste erneut nach Potsdam hinüber, "da er in der That da zu bleiben und selbst nicht mehr nach Hause zu gehen gedenkt" 59 , und um sich nach einer geeigneten Wohnmöglichkeit umzu­sehen.

Das war die Perspektive, die den Blick auf den nun bevorstehenden Abschied von Franz Kugler und seinen Freunden beherrschte: keine Trennung für lange Zeit, aneinander gebunden durch gemeinsame Pläne und Projekte und erworbe­ne freundschaftliche Zuneigung.

Zwei Tage vor dem Auszug übergab Storm seinem Gastgeber, dem er mehr als Dank schuldete, einen Band seiner Gedichte. Mit der Widmung, die er eintrug, drückte er für sich poetisch aus, was ihn in Seelenverwandtschaft mit Kugler verband: dieses "mitunter hülflose Stummsein und Schweigen", wo "Konventionelle(s)" 60 in Wort und Wendung erwartet wurde. Die Eintragung lautete:

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