erwuchs, was mit Durchschlagkraft auf die deutsche Literatur seiner Gegenwart einzuwirken vermochte. Daß Berlin nicht das Zentrum wurde, auf das man hingearbeitet hatte, begünstigte Storms Entscheidung, beinahe mit jedem Ort, wo ihm ein Haus mit Garten neben der ersehnten festen Anstellung winkte, zufrieden zu sein. Daß er über diese Entwicklung, die ihn weg von Potsdam, Rütli und Kugler führte, in seiner Dankbarkeit für die ihm erwiesene Solidarität und Fürsorge nicht nachließ, ist ebenso belegt. Im Beileidsbrief anläßlich des Todes von Margarete Heyse, der Tochter Kuglers, findet sich der klare und schöne Satz: "Die Gastfreundschaft, die ich in der schwersten Zeit meines Lebens in ihrem (Clara Kuglers - R.B.) Hause fand, bleibt mir unvergeßlich." 80 Der Kreis der dort verkehrenden Frauen und Männer ließ den Kontakt zu "Tannhäuser" keineswegs gänzlich abbrechen. Man blieb sich, das scheint das treffende Wort, gewogen. So gewogen, daß beispielsweise Henriette von Merckel, die Storms Verstimmtheit 1853 übersehen haben mag, den Dichter bei der Herausgabe der Gedichte ihres verstorbenen Mannes 1862 neben Fontane zur Hilfe heranzog. Da das Vorwort zu dem Band ungezeichnet "Berlin, im November 1865" erschien, darf vermutet werden, daß Storm doch den "Hauptwunsch" der Witwe, "daß Sie die Geisteskinder meines theuren Verewigten an Ihr Herz nehmen möchte, und in die Welt einführen" 81 , nicht erfüllen konnte. Indes plante er noch 1869 einen Artikel über Wilhelm von Merckel, für den er sich Informationen von Henriette von Merckel erbat. 82 Gewogen blieb ihm auch die Frau Kuglers, die er "in die schönste reichste Zeit meines Lebens" zurückversetzte, als er ihr 1870 die sechs Bände der "Sämtlichen Schriften" (1868) zusandte. 83 Storm hatte das Haus Kuglers, "das auf so gesundem Fundament zu ruhen schien" 84 , durch rasch aufeinander folgende Todesfälle sich auflösen sehen: dieser Verlust, der ihn nicht mehr persönlich betraf, warf jenes Licht des Erinnems auf die Zeit mit Kugler, in dem das Vergangene seine Alltäglichkeit verliert und einer ausgleichenden Besinnung weicht.
SIGLEN:
FBr Theodor Fontane: Briefe. Herausgegeben von Walter Keitel und Helmuth Nürnberger. 4 Bände. Fontane Bibliothek. Ullstein Buch Nr. 4549 - 4552 (Nachdruck der Ausgabe des Carl Hanser Verlags). Frankfurt/M., Berlin: Ullstein 1987.
StBr Theodor Storm: Briefe. Herausgegeben von Peter Goldammer. 2 Bände. Berlin, Weimar: Aufbau 1984.
Storm/Fontane BW Theodor Storm - Theodor Fontane. Briefwechsel. Kritische Ausgabe. In Verbindung mit der Theodor-Storm-Gesellschaft herausgegeben von Jacob Steiner. Berlin: Erich Schmidt 1981.
Storm/Brinkmann BW Theodor Storm - Hartmuth und Laura Brinkmann. Briefwechsel. Kritische Ausgabe. In Verbindung mit der Theodor-Storm- Gesellschaft herausgegeben von August Stahl. Berlin: Erich Schmidt 1986.
Storm/Heyse BW Theodor Storm - Paul Heyse. Briefwechsel. Kritische Ausgabe. 3 Bde. In Verbindung mit der Theodor-Storm-Gesellschaft herausgegeben von Clifford Albrecht Bernd. Berlin: Erich Schmidt 1969 - 1974. 23