Royaldemokratie" 11 streitet und an dieser idée fixe mit als "absolut(e) Selbstlosigkeit" 5 getarnter Unbedingtheit festhält.
Aus der heterogenen Gründerzeitgesellschaft mit ihren sich verstärkenden sozialen Gegensätzen ein einheitliches, durch gemeinschaftliches Untertanentum zusammengeschmolzenes "Volkstum" 6 entstehen zu lassen, ist das Ziel Vogelsangs, der seine politische Utopie selbst mit den folgenden Worten charakterisiert:
"Zwei große Mächte sind es, denen ich diene:
Volkstum und Königtum. Alles andere stört, schädigt, verwirrt. Englands Aristokratie, die mir, von meinem Prinzip ganz abgesehen, auch persönlich widerstreitet, veranschaulicht eine solche Schädigung, eine solche Vewirrung; ich verabscheue Zwischenstufen und überhaupt die feudale Pyramide. Das sind Mittelalterlichkeiten. Ich erkenne mein Ideal in einem Plateau, mit einem einzigen, aber alles überragenden Pic." 7
Wenn der Kommerzienrat zu Beginn des vierten Kapitels von Frau Jenny Treibel den Lieutenant a.D. Vogelsang auf eine Zigarre in sein Arbeitszimmer bittet und hierbei den " Gernegehorchenden" 8 unter den Arm faßt, so wird mit diesem prägnanten Fontaneschen Neologismus auf eine zentrale, im Text noch häufiger hervorgehobene9 Eigenschaft dieses “ agent provocateur in Wahlsachen"1 0 hinge wiesen. Gesellschaftliche Beziehungen werden von ihm in Analogie zu der angestrebten Relation zwischen 'Plateau' und 'Pic' auf preußisch-militaristische Weise als solche zwischen Befehlsempfänger und Befehlendem aufgefaßt. Bekommt auch der soldatische Antiaristokrat Vogelsang vom Erzähler "die Steifheit eines alten, irgendeiner ganz alten Sekte zugehörigen Torf- oder Salzinspektors"11 bescheinigt, so muß doch darauf hingewiesen werden, daß die von ihm explizit entwickelte und durch seinen Habitus zusätzlich veranschaulichte Staats- und Gesellschaftsvorstellung durchaus Züge der wilhelminischen (und der späteren faschistischen) Volksgemeinschaftsideologie 12 trägt und damit zur Zeit der Entstehung von Frau Jenny Treibel von großer politischer Aktualität war. 13 So ließe sich z.B. an die von dem katholischen Staatstheoretiker Carl von Vogelsang entwickelte Idee des "sociale(n) Königthum(s)" 14 denken, in welchem ebenfalls eine direktere, persönlichere Verbindung zwischen dem einzelnen und 'seinem' König verwirklicht sein sollte. Carl von Vogelsangs Konzept ist jedoch weniger militaristisch als paternalistisch und christlich-sozial geprägt. Ferner läßt er seinem ganzen Habitus nach kaum eine Ähnlichkeit mit dem Lieutenant Vogelsang aus Frau Jenny Treibei erkennen, und zudem findet er in Fontanes Werken und Briefen keine Erwähnung. 15
Anders steht es mit dem Hofprediger Adolf Stoecker, der wegen seines radikalen Antisemitismus, den er in seine christlich-soziale Staatsvorstellung zu integrieren verstand, als Wegbereiter der nationalsozialistischen Rassenpolitik verstanden werden muß 16 . Stoecker, den Fontane mehrfach in seinen Werken und Briefen erwähnt 17 , beschwört in seinen 1885 von ihm selbst herausgegebenen Reden und Aufsätzen 18 wiederholt das "treue(e) Zusammenstehen von Fürst und Volk" 19 und äußert sich insbesondere über das Verhältnis zwischen Gottes- gnadentum und Konstitutionalismus in einer Weise, die durchaus an Vogelsangs Konzept der Royaldemokratie erinnert:
"Wie die christliche Schule der Schild, so ist die Heerespflicht das Schwert der Nation. Wir haben keine 58