Heft 
(1992) 53
Seite
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Mirabeaus und fordert in bemerkenswerten Sätzen deren Anwendung gerade auch auf 'deutsche Zustände':

"In den Schriften Mirabeaus finden wir die Haupti­deen einer konstitutionellen Monarchie, wie sie Frankreich bedurfte; wir entdecken den Grundriß, obgleich nur flüchtig und mit blassen Linien entwor­fen, und wahrlich, allen weisen und bangen Regen­ten Europas empfehle ich das Studium dieser Linien, dieser Staatshülfslinien; die das größte politische Genie unserer Zeit, mit prophetischer Einsicht und mathematischer Sicherheit, vorgezeichnet hat. Es wäre wichtig genug, wenn man Mirabeaus Schriften in dieser Hinsicht, auch für Deutschland, ganz be­sonders zu exploitieren suchte. Seine revolutionären, negierenden Gedanken haben leichtes Verständnis und schnelle Wirkung gefunden. Seine ebenso ge­waltigen positiven, konstituierenden Gedanken sind weniger verstanden und wirksam geworden.

Am wenigsten verstand man Mirabeaus Vorliebe für das Königtum. (...) Mirabeau eben war der Verkün­der jenes konstitutionellen Königtums, das, nach meinem Bedünken der Wunsch jener Zeit war, und das, mehr oder minder demokratisch formuliert, auch von der Gegenwart, von Uns in Deutschland, verlangt wird ." 84

Als antirepublikanischer 85 "Royalist " 86 fordert Heine ferner in Übereinstimmung mit Mirabeau, daß "das ganze Adeltum bis zur letzten Wurzel zerstört " 87 wer­den solle, damit eine "Emanzipation der Könige " 88 von den selbstsüchtigen Höflingen stattfinden könne, wie sie der frühe Napoleon in vorbildlicher Form vollzogen habe . 89 Im Wesen des Konstitutionalismus liegt demnach für Heine der Übergang von der charismatischen oder gar tyrannischen Herrschaft zur funktionalistischen Gewaltausübung, die den Regenten zum bloßen Inhaber ei­nes Amtes werden läßt, dessen Struktur und Umfang vom Volk selbst vorge­zeichnet ist:

"Indem ich das Wesen des Absolutismus dadurch be- zeichnete, daß in der absoluten Monarchie der Selbst­wille des Königs regiert, bezeichne ich das Wesen der repräsentativen, der konstitutionellen Monarchie um so leichter, wenn ich sage: diese unterscheidet sich von jener dadurch, daß an die Stelle des königli­chen Selbstwillens die Institution getreten ist. An die Stelle eines Selbstwillens, der leicht mißleitet werden kann, sehen wir hier eine Institution, ein System von Staatsgrundsätzen, die unveränderlich sind (sic!). Der König ist hier eine Art moralischer Person, im juristi­schen Sinne, und er gehorcht jetzt weniger den Lei­denschaften seiner physischen Umgebung, als viel­mehr den Bedürfnissen seines Volks, er handelt nicht

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