Freunden am 24. Januar 1898 das Ereignis mit. Es war eine sehr plötzliche Verlobung. Als der sechzigjährige Witwer und Martha Fontane sich entschlossen, den ferneren Lebensweg gemeinsam zu gehen, war Dr. Fritschs Frau - schon die zweite Frau, die er durch den Tod verlor - vor erst zwei Monaten gestorben. Die offizielle Verlobung konnte deshalb erst Monate später sein. Da war Theodor Fontane noch der Mittelpunkt der kleinen Festgemeinde gewesen: "Voller Entwürfe, voll regsten Interesses für alles und jedes... der Alte in seiner herrlichen, lieben Greisesschönheit..." 12 Paul Schlenther, einer der Gäste, hat es so in Erschütterung beschrieben. Vier Tage später war der Dichter gestorben, mitten aus dem vollen Leben heraus. Ein viertel Jahr später heiratete das Paar. Was Mete ein halbes Leben vergeblich gesucht hatte - die Verbindung von großzügigem Lebensstil eines reichen Hauses, wie sie es bei der Rostocker Fabrikantenfamilie geliebt hatte, mit dem geistig souveränen Stil der Berliner "Mansardenwohnung" - das hoffte sie nun bei dem Architekten Fritsch zu finden. Er wird als hochgebildet, weitgereist, beruflich hochangesehen geschildert. Fontane nennt ihn einen "klugen und gescheiten Mann von guter Gesinnung". (Fontane an Anna Witte am 24.Januar 1898) Mit ihm lebte Martha fünfzehn Jahre zusammen, bis zu seinem Tode - winters in der Berliner Stadtwohnung, den ganzen Sommer in den Tannen in Waren an der Müritz.
Baustelle Villenstraße 1-3
Am 4. Januar 1899 hatten Martha Fontane und Karl Emil Otto Fritsch in Berlin geheiratet - und noch im gleichen Jahr wandte das Ehepaar sich seiner Sommerheimat, der Müritzstadt Waren, zu. Was mag sie an Waren so gereizt haben? Der Wald? Das Wasser? Die Einsamkeit? Der Blick über den See auf die Stadt mit den beiden Kirchen? Die günstige D-Zug-Verbindung von Berlin nach Waren? Dort wollte der Bildhauer Thomas sein Anwesen verkaufen. Das war eine Gelegenheit. Dies Haus war Mete vom Familienurlaub 1896 her wohlvertraut, von hier konnte man Waldwanderungen machen wie einst mit dem Vater, hier hatte der nervenkranke Thomas seine Gesundheit wiedererlangt - vielleicht konnte auch ihr "Nervenelend" hier Heilung finden? Die Fritschs griffen zu. Ende des Jahres waren die Verhandlungen abgeschlossen. Das Protokollbuch des Warener Magistrats von 1899, Band 12, vermerkt, daß am 31 .Januar 1900 der Bildhauer Friedrich Wilhelm Thomas sein Grundstück, Villenstraße 3, an den Architekten Professor K. E. O. Fritsch aus Berlin verkauft. Der Kaufpreis beträgt 30 000 Mark. Aber das war für Fritschs nur der Einstieg: Sie wollten selber bauen - schließlich war er Architekt. Vielleicht wollten sie auch keinen Nachbarn auf der anderen Seite bekommen, deshalb sollte das ganze Waldgelände von unten her bis hinauf zur Villa Thomas ihr eigen werden. Sie konnten es von der Stadt kaufen. Der Protokollant des Stadtbuches fährt mit seiner Eintragung fort: Am gleichen Tage - dem 31. Januar 1900 - kauft der Architekt Professor Dr. Karl Emil Otto Fritsch "von der Stadtkämmerei die Grundstücke 1 und 2 der Villenstraße, mit dem darauf stehenden Holz". 13 Es sind 1168 Quadratruten, also gut 25 000 Quadratmeter. Sie kosten nur 5 843,50 Mark; das sind 23 Pfennig für den Quadratmeter, da die Quadratrute 5 Mark kostete. Dazu kam noch der Preis für die Bäume mit 1 021 Mark. So billig war das Land damals noch in den Tannen! In Stadtnähe waren die Preise natürlich viel höher. 14 Aber in diesem abgelegenen, unerschlossenen Gebiet gab es ja weder Wasser noch Abwasser, nicht Gas und nicht Strom. Befestigt und beleuchtet wird die Villenstraße erst 1905 - und eine
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