Heft 
(1992) 53
Seite
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wurde. 19 Eine Mamsell oder Köchin war schon nötig, da man im Sommer stets viel Besuch erwartete. Sie hatte ihr Reich in der Thomasvilla - "in unserer größe­ren Villa", wie Mete sich ausdrückt. Dort wurde gekocht, dahin ging man zum Essen, dort wurden auch die Feste gefeiert. Die "kleine Villa" blieb das stille Refugium, in das man sich zurückziehen konnte. Ein Stubenmädchen hatte ge­wiß voll zu tun in den zwei Häusern mit den vielen Räumen. Und auch eine Gesellschafterin reiste mit an. In ihrer Jugend hatte Mete selbst solche Dienste tun müssen - jetzt konnte sie es sich leisten, eine Dame anzustellen zu ihrer Unterhaltung, aber auch zu ihrer Pflege. Denn kränklich war Mete immer. So engagierte sie eine gelernte Krankenschwester. Diese Angestellten mögen mit den Jahren gewechselt haben. Genauer aber kennen wir die Gärtner, die ja auf dem Grundstück wohnten und jahrelang blieben. Es waren zwei in den Jahren von 1900 bis 1917 und darüber hinaus.

Der erste hieß Lange, war verheiratet und hatte einen kleinen Jungen. Von sei­nen Gärtnerkollegen in der Stadt wurde er "Baron Lange" genannt: Er gab viel auf sein Äußeres, trug superblankgewichste Stiefel, lieh sich gerne ein Pferd aus und hatte überhaupt "herrschaftliche Allüren". Auf einem Foto sieht er wie ein "Chef" oder wie ein Forstmann aus, er trägt ein Gewehr unter dem Arm - mit dem bekämpfte er aber nur die Kamickelplage auf dem Grundstück. Er habe wohl einen kleinen harmlosen Tick gehabt, meint einer meiner Gewährsleute, Gärtner Sengebusch. Er sei später in die Nervenheilanstalt Gehlsheim gekom­men, habe da den Krieg überdauert und sei wohl auch dort gestorben. Das mag zutreffen, denn in den Warener Sterberegistern ist er nicht zu finden. "Baron Lange" hat in der Gärtnerei von Fritschs den späteren Friedhofsgärtner Ulrich Priep ausgebildet. Priep hat über seine Lehrlingszeit hinaus die Verbindung zum Hause Fritsch-Fontane aufrechterhalten. Er pflegte nach deren Tod ihre Gräber und pflanzte später die schöne Edelkiefer auf die Grabstätte. Seinen Erinnerungen, die er an die Tochter, Hilde Priep, weitergab, verdanken wir viele Einzelheiten aus Mete Fontanes Warener Zeit.

Langes Nachfolger wurde 1913 der Gärtner Otto Reiche. Er war später der Stadtgärtner von Waren. Nachdem er die Stelle bei Professor Fritsch angetreten hatte, heiratete er. Bei seinem ersten Kind, einem kleinen Mädchen, übernahm Mete Fontane die Patenschaft. Am 11. Oktober 1914 wurde es auf die Namen Marie Elisabeth Martha Berta getauft, "Martha Fritsch, Professorenfrau in Ber­lin" steht an erster Stelle der Gevattern im Taufregister von St. Marien. 20 Wäh­rend des ersten Weltkrieges war Vater Reiche Soldat, die Mutter mußte mit Hilfe des Gartenarbeiters Schlundt die Außenwirtschaft versorgen. Es waren ja nicht nur Garten und Gewächshaus zu bearbeiten - im Stall standen zwei Schweine, und ein Acker lag am Feißnecksee. So weit von der Stadt entfernt, war es, zumal im Krieg, sicher praktisch, Selbstversorger zu sein - oder war es mehr die Sehn­sucht der Großstädter nach naturverbundenem Leben? Das Gelände war da­mals ganz anders gepflegt als heute, es war teils als Naturpark, teils als Wirt­schaftsgarten angelegt. Der inzwischen wieder Wald gewordene Park hatte Wege, die mit weißem Kies bestreut waren. Die Obsternte wurde am Ende des Som­mers in Kisten verpackt, sorglich in Häcksel gebettet und nach Berlin verfrach­tet. Dort verbrachten die Eheleute Fritsch den Winter mit vielfältigen Anregun­gen hauptstädtischer Theaterpremieren.

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