Heft 
(1992) 54
Seite
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Das Schreiben ist im Hanser-Briefverzeichnis unter der Nummer 84/17 aufge­führt.- 11 Das adressierte Kuvert liegt der Handschrift des Briefes bei, die Zuschreibung an Felix Possart ist daher gesichert.- Auf wen der Arbeitsvor­schlag sich bezog, den Possart Fontane gemacht hat, ist nicht bekannt. Fonta­nes Absage stellt offenbar seinen letzten Brief an Possart dar.

Fontanes Briefe an Felix Possart erscheinen vor allem vor dem Hintergrund sei­ner Stellung zu den beidenDioskuren" Orelli und Widmann von Interesse und der Erzählstrategie, die er in solchem Zusammenhang entfaltet. Er hat sich darüber auch bei anderer Gelegenheit ausgesprochen.

In einem wahrscheinlich an Georg Bleibtreu (1828-1892) gerichteten Brief vom 25.2.1884 schreibt Fontane:

Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank für Ihre freundlichen Zeilen, die mir endlich Gelegenheit geben einem Gerücht zu widersprechen, das sich ich weiß nicht aus welchen Mißverständnissen heraus entwickelt hat.

Ich habe mich brieflich und mündlich dahin geäußert, daß ich sowohl Orelli wie Widmann fremd gegenübergestanden hätte und daß mir beide trotz meines Respekts vor ihrem Wissen, Können und Thun nicht sonderlich sympathisch gewesen wären, aber mehr hab' ich weder ausgesprochen noch in meinem letzten Herzenswinkel gefühlt. Was speziell Orelli angeht, so weiß ich nicht blos durch Scherenberg und Sie, sondern auch noch von andrer Seite her, daß er ein tapfrer, dem Höchsten zustrebender, edler und zum Ueberfluß auch noch herzensguter Mann gewesen ist, ein Entschlossenheitsmensch und ein Kind zugleich. All dessen hab ich nie ein Hehl gehabt. Und nun frag' ich Sie, wie könnt' ich auf die Idee kommen, eine kindische Sorte von Kriegführung gegen einen nach aller Welt Zeugniß ausgezeichneten Mann geradezu vom Zaune zu brechen! Was den in Ihrem Briefe berührten Punkt angeht, so geht er mich über­haupt nichts an, und gehört auch nicht entfernt in meinen Aufsatz hinein; das aber möchte ich bei der Gelegenheit und mit einem gewissen Nachdruck aus­sprechen dürfen, daß mein großer Respekt vor Orelli speziell auch in die­ser Angelegenheit und seinem sans phrase-herrlichen Benehmen dabei [?] wurzelt. Wer mich ein bischen kennt, wird wissen daß dies auch gar nicht anders möglich ist.

So bitte ich Sie denn herzlichst, das verehrte Krause'sche Paar über diesen Punkt beruhigen zu wollen. Ich werde nicht e i n Wort sagen, das Anstoß geben könnte, wobei ich freilich darauf rechne, daß ein Satz wie:beide Herren waren herrschsüchtig und in ihren jungen Jahren von einem gewissen geistli­chen Hochmuth erfüllt" nicht Anstoß geben kann. Ich werde mich auf ein länge­res Citat aus demTannhäuser" beschränken und daran anknüpfend, vor Mitt­heilung einiger höchst intressanter Briefe, Orelli's kritische Macht­stellung im Tunnel schildern. Grundton: er war sehr klug, sehr brav, sehr gut, aber er zeigte gern seine Ueberlegenheit und herrschte gern. Ich denke, dies werd' ich sagen dürfen, ohne Gefühle zu verletzen. Hinzufügen möcht' ich noch, daß ich nach reiflicher Ueberlegung zu dem Entschlüsse gekommen bin, über das Jahr 50 (also die Zeit unmittelbar nach dem Erscheinen von Waterloo) in meinem Orelli-Widmann Kapitel gar nicht hinauszugehn. Die ganze Anord­nung geschieht nämlich chronologisch, von Kapitel zu Kapitel rückt auch die

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