men der erzählenden Literatur zeugt von der Suche nach geeigneten Stoffen. Es entstand die erst kürzlich aufgefundene Sammlung von Gespenstergeschichten 14 , in der Storm - ähnlich wie bei der Sagensammlung - fremde Texte zusammenstellte und bearbeitete. Neben Sagen, von denen er in den Volksbüchern für die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg " 15 einige Proben gab, suchte er auch nach historischen Stoffen und Anekdoten, um sie literarisch umzuformen. Eine Fülle solcher kleinerer Beiträge hat er für die „Volksbücher" zusammengestellt: darunter Sagen, Anekdoten, historische Beschreibungen; nicht in allen Fällen ist die Autorenschaft endgültig geklärt; aber diese eher herausgeberische Tätigkeit zeigt, wie sich Storm in diesen Jahren auf der Suche nach erzählbaren Stoffen befindet. Das gilt auch für die ersten Versuche, selbständige Erzählungen zu schreiben. Zunächst verwendet er einige der gesammelten Motive für die Geschichten aus der Tonne, die ganz deutlich zeigen, daß der junge Dichter noch nicht über die berühmte Erzählkunst verfügte, die es ihm später erlaubte, längere Prosatexte zu schreiben; es folgen poetische Skizzen oder Situationsbeschreiben, z.B. Marthe und ihre Uhr und Im Saal, in denen er Momentaufnahmen festhält, die aber noch keine eigenständige Erzählhaltung aufweisen.
Diese frühen Erzählversuche enthalten aber, wie auch das Märchen Stein und Rose bereits Ansätze zu einer durchkomponierten Form und repräsentieren den Abschnitt in Storms literarischem Schaffen, in dem er seine künstlerischen Ausdrucksfomen erstmals auch in größeren Erzählzusammenhängen - wie etwa in der Novelle Immensee - erprobt.
Erst in seinem späteren Schaffen gelingt es ihm, durch die Einführung eines fiktiven Erzählers und mit Hilfe einer Erinnerungsperspektive zu den geschilderten Einzelbildern eine Distanz aufzubauen. Weil ihm dies zunächst noch nicht glückt, wirken seine frühen Erzählungen von Marthe und ihre Uhr bis zur Humoreske Wenn die Äpfel reif sind so wenig geschlossen; es sind nur episodenhafte Stimmungsskizzen.
Auch die Tatsache, daß Storm die erzählerische Kleinform wählt, hat mit seinem Suchen nach geeigneten Inhalten und nach einer eigenständigen Sprache zu tun. Zunächst schildert er einzelne Situationen; hierzu bedient er sich ähnlicher Mittel, die er auch beim Schreiben von Gedichten verwendet. Kleine Dialoge lockern die Beschreibungen auf. Storm wagt sich nur langsam zu längeren Erzählungen vor. Noch Immensee zeigt diese Art der Komposition: locker gefügte Stimmungsschilderungen, die bereits durch ein Gefühl der Resignation miteinander zu einem Ganzen verbunden sind. Ganz ähnlich ist es in der zweiten längeren Erzählung aus dieser Zeit, Stein und Rose, die er später unter dem Titel Hinzelmeier in einer bearbeiteten Fassung veröffentlicht.
Storm hat seine Möglichkeiten, aber auch seine Grenzen dreißig Jahre später sehr treffend in einem Brief an den Bibliothekar Eduard Alberti beschrieben:
„Meine, freilich unmaßgebliche, Ansicht über meine Novellistik geht dahin. Sie hat sich aus der Lyrik entwickelt und lieferte zunächst nur einzelne Stimmungsbilder oder solche einzelnen Szenen, wo dem Verfasser der darzustellen- 6 6