Bruder, der Lady Hamilton um ihr Erbe betrog, bittet das Original um Verständnis: on behalf of humanity we ask pardon for the treachery of the man
who kept back the codicil." 21
Fontane hingegen spricht von dem opferbereiten Patriotismus der Lady. Er unterschlägt die im Original hervorgehobene Tatsache, daß sie drei uneheliche Kinder mit einem ihrer Liebhaber hatte, und vertritt die Ansicht: „Man mag die Fehler Lady Hamiltons und ihre sittliche Führung verurteilen, es unterliegt auf der andern Seite keinem Zweifel, daß England ihrem Patriotismus große und unvergleichliche Dienste verdankt. " 22
Im Artikel der „Times" hatte es noch so geklungen: but, had Lady Hamilton
been the most degraded of her kind, England was bound not to forget this great and unparalleled Service." 23 Insgesamt wird der negative Charakter der Lady eindeutig in den Vordergrund gestellt; daß man ihre Verdienste nicht vergessen will, ist nicht viel mehr als eine Randbemerkung, die die Fairneß erheischt. Fontane, der seine Vorlage nur teilweise übersetzte, hat diese und andere seine Argumentation schwächende Wertungen und Aussagen weggelassen oder im Sinn verändert.
Als Ergebnis dieses kurzen Vergleichs der Übertragungen mit den Originalen kann festgehalten werden, daß Fontanes Varianten nur ausgewählte Passagen und Einzelheiten wiedergeben, die der intendierten Gesamtaussage dienlich sind. Um welche Aussage es sich hierbei handelt, ist eindeutig erkennbar: In England sind alle Menschen geldgierig bzw. unfair gegen jene, die sich selbstlos für das Wohl des Volkes aufopfem. Hier ordnet sich Fontane ganz der Propaganda seines Ministeriums unter, die das Ziel hatte, das Ansehen des preußischen Absolutismus im Vergleich zum Gelobten Land der Freiheit und des politischen Pluralismus aufzuwerten. Der britische Materialismus sollte von den deutschen Lesern als Kehrseite der englischen Freiheitsmedaille verstanden werden. 24
Diese in Ein Sommer in London, das ja zu großen Teilen aus vorher veröffentlichten Artikeln besteht, häufiger vorkommende Kritik spiegelt aber nicht Fontanes Privatmeinung wider. Ihm war es in erster Linie darum zu tun, seine Position im Ministerium zu halten. Die 1852 aus England geschriebenen Briefe an Freunde und Familie zeigen eine durchaus positive Einschätzung der englischen Art und Weise, Geld zu erwerben: „... wenn denn doch das money-making in Angriff genommen werden soll, so ist mir das hiesige kaufende Publikum, das selbst einem miserablen teacher gegenüber immer noch nach Pfunden rechnet, doch um einige Prozent lieber..." als die Leute zu Hause in Berlin, schreibt Fontane beispielsweise Mitte Mai 1852 an Bernhard von Lepel. 25 Erst, als Fontanes money- making- Pläne scheitern, verbittert er und beginnt, die vorher nur nach außen vertretene Kritik am englischen Gelderwerb teilweise zu seiner eigenen Meinung zu machen.
Fontanes persönliche Vorliebe:
Englisch-schottische Poesie und Geschichte
Was hat Fontane an England und Schottland wirklich interessiert? Wie bereits gezeigt, sind viele seiner Korrespondenzen aus politischen Gründen geschrie- 78