Und in dieser guten Laune war er auch noch, als er um die fünfte Stunde seinen Eichenstock und seinen eingeknautschten Filzhut vom Riegel nahm, um am See hin, in der Richtung auf Globsow zu, seinen gewöhnlichen Spaziergang zu machen. Unmittelbar am Südufer, da wo die Wand steil abfiel, befand sich eine von Buchenzweigen überdachte Steinbank. Das war sein Lieblingsplatz. Die Sonne stand schon unterm Horizont, und nur das Abendrot glühte noch durch die Bäume. Da saß er nun und überdachte sein Leben, Altes und Neues... Dabei sah er vor sich hin und malte mit seinem Stock Figuren in den Sand. Der Wald war ganz still; auf dem See schwanden die letzten roten Lichter, und aus einiger Entfernung klangen Schläge herüber, wie wenn Leute Holz fällen. Er hörte mit halbem Ohr hin... (240)
Stellen wir uns Dubslav vor, beobachtender Teil eines beobachteten Bildes, mit Filz und Eichenstock, so ist es ein lebendes Bild des Behagens, das Fontane hier stellt. Fast scheinen weitere Worte vor dem Hintergrund des Besprochenen unnötig zu sein; doch ermöglicht die Kenntnis des Vorherigen auch hier wieder zusätzliche Blicke „in vorher versteckte Gebirgstäler".
An eben jenem Lieblingsorte Dubslavs hat bereits der Wanderer Fontane gesessen und auf den See geblickt 37 , es ist jene einzige „steil und kaiartig"(7) ansteigende Stelle, die bereits im „Allmachtskapitel" erwähnt wird, es ist jener Punkt, von dem aus „keine zwei Bootslängen in den See hinein" (59) nötig sind, um die Stelle zu erreichen, „die, wenns sein muß, mit Java telephoniert. "(59) Kommunikative Schaltstelle zwischen innerer, märkischer und äußerer Gesamtwelt; Dubslav sitzt also mit dem Blick in die andere Welt, gewissermaßen an der Schwelle zweier Welten. Genauso wie Canitz hat sich Dubslav von Stechlin zurückgezogen in die geschützte Atmosphäre der Bank mit dem Blick auf den See. Das Bild „Felder und wogendes Korn", das ja abgewandelt in Stine ebenfalls zu finden ist, ist hier implizit durch die Metaphorik wieder aufgegriffen, die in „wogendes" zum Ausdruck kommt. Zwar ist der Stechlin im Moment nicht aufgewühlt, aber das Hindeuten auf jene symbolische Situation, die ja den direkten Kontakt zum Außen bedeutet, könnte schon sehr aufschlußreich sein. Auch Dubslav gleitet also im „Kahn des Traumes", auch er sieht in den Sonnenuntergang wie Waldemar und läßt die Bilder des Lebens Revue passieren, 38 gibt dem Leser das Verständnis, daß hier jemand mit dem Leben abschließt. Er hat nicht das sichere Wissen eines Canitz, der es von seinen Ärzten hat, er hat auch nicht das sichere Wissen, das aus einem tödlichen Vorsatz resultiert, wie Waldemar, aber er erweckt den Eindruck eines gesammelten Mannes, der in dem Bewußtsein „Alles an und in uns ist ein Teil vom Ganzen und dieser Teil will ins Ganze zurück... und wir kehren in Gott zurück von dem wir ein Teil sind," 39 vor seinen See, vor den großen Zusammenhang - hier spricht wieder der Kreis; See, Wald, Dorf, Haus, Dubslav des ersten Kapitels - tritt, mit den Worten, die wir ihm in den Mund legen „Hier bin ich. ", weil er sie bei Woldemars erster Audienz bei der Königin von England für möglich hielt (237), und der Bilanz zieht.
Symptomatisch für das Thema ist die Formulierung „Altes und Neues", Bereiche, die Fontane hier mit der Domina und Lorenzen/Woldemar personifiziert; Dubslavs schwebende Position, sein ihm anhaftendes Fragezeichen manife- 96