Heft 
(1992) 54
Seite
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(London 1881) u.Der Hungerpastor" (London 1885), der auch 1914 in die Reihe der HarvardGerman Classics" aufgenommen wurde; erst in den 1970er und 1980er Jahren kamen weitere Übersetzungen auf den Markt:Else von der Tanne" in einer zweisprachigen Ausgabe (1972) 34 sowieHoracker" u.Stopf­kuchen" in der neuen Reihe (s. auch Teil III unten) derGerman Library" (1983). Laut Mullen fand Raabe vor 1910 in amerikanischen Zeitschriften keine Erwähnung. 35 Die frühe Forschung (vgl. Eckelmann, 1918; Silz, 1924) beschäf­tigt sich zunächst mit der Frage, ob Raabes Romane aus der Stuttgarter Zeit (Der Hungerpastor",Abu Telfan",Der Schüdderump") - unter besonderer Berücksichtigung ihrer philosophischen Einheit, d.h. von Raabes zunehmend pessimistischer Lebensphilosophie 36 - tatsächlich eine Trilogie bilden. Die negative Raabekritik gipfelte in dem bekannten Buch von Pascal (1956), wo auf die Charakterfülle bei sparsamer Handlung, auf die - bes. im Vergleich mit Balzac oder Tolstoj - enge soziale, emotionelle wie auch intellektuelle Spann­weite der Romane, überhaupt auf angebliche Mängel in der Erzählkunst Raa­bes hingewiesen wurde. Aber in der ersten umfangreichen Raabe-Studie in englischer Sprache (1961) zeigt Barker Fairley anhand der späteren Romane Raabes (u.a.Horacker",Pfisters Mühle",Im Alten Eisen",Stopfkuchen"), die wegen der Beschäftigung der bisherigen Forschung mit den frühen Roma­nen - also mit den schon genannten Romanen wie auch mit derChronik der Sperlingsgasse" - lange vernachlässigt worden waren, eine komplexe u. subtile Erzählkunst auf. Im Anschluß an Fairley behandelten Forscher der 1960er u. 1970er Jahre Raabe als einenmodernen" Autor, als Vorläufer von bedeuten­den Schriftstellern des 20. Jhs. wie Faulkner, Virginia Woolf oder Thomas Mann. DieModernität" Raabes wurde auch in zwei wichtigen Studien der 1980er Jahre betont, nämlich in der Einführung von Daemmrich (1981) in der Reihe vonTwayne's World Authors" sowie in der umfangreichen - auch als Einführung gedachten - Untersuchung von Sammons (1987), der Raabe für den bedeutendsten deutschen Romanautor zwischen Goethe und Fontane (the most ingenious experimenter with narrative perspective in 19th Century Ger­man literature"), also für einen Schriftsteller von europäischem Rang hielt. 37 Trotz der modernen Forschung bleibt Raabe, dessen Werke zum großen Teil noch nicht ins Englische übersetzt worden sind, aber weitgehend unbekannt. 38

III

Am Schluß ihrer Arbeit (S. 152) steht Mullen ratlos vor der Frage (no convin- cing reasons (...) can be detected"), warum die deutschen Realisten trotz ihrer zunehmend positiven Rezeption in der anglo-amerikanischen Germanistik eim amerikanischen Lesepublikum sowie im englischen bzw. komparatisti- ischen Literaturunterricht immer noch weitgehend unbekannt bleiben. Auf die Gründe für diese Ratlosigkeit wurde schon im I. Teil dieser Rezension einge­gangen.

Zum Schluß bleibt nur noch die Wirkung von Übersetzungen zu besprechen, Von exemplarischer Bedeutung ist das Projekt derGerman Library in 100 Volumes" (Hrsg. v. Volkmar Sander, New York: Continuum), 39 das schon seit Anfaang der 1980er Jahre besteht und einen erneuten Versuch zur Verbreitung 115