Roland Berbig, Berlin
Eine unbekannte Zeichnung der literarischen Vereinigung „Rütli"
Da ist sie versammelt, die kleine Runde, die sich Ende 1852 zusammenfand, um mit einer kritischen Vierteljahrsschrift auf die literarische Öffentlichkeit Berlins und Preußens einzuwirken. Fontane hat die Beteiligten dieses Kreises als „Tunnel-Sahne" bezeichnet, weil sich in ihm die besten Kräfte aus dem seit 1827 existierenden literarischen Sonntagsverein „Tunnel über der Spree" vereinten. Über das „Rütli", so nämlich nannte man sich augenzwinkernd, ist geschrieben worden 1 und soll hier nichts wiederholt werden.
Die Zeichnung spricht ohnehin ihre eigene Sprache:
Wie bei einem Gegenwartsstück aus dem Salonleben Mitte des vergangenen Jahrhunderts nimmt sie das Zimmer als Bühnenraum und erlaubt, alle Hauptpersonen mit einem Blick zu erfassen. Damit dabei nicht Langeweile aufkommt, hält sie eine Situation fest, die szenisch arrangiert ist. Nicht ohne den fälligen Theaterdonner...
Denn anders kann der Auftritt des in die Bildmitte gestellten schwarzbärtigen Mannes kaum gedeutet werden. Die ihn umgebenden Engel weisen ihn als Gerechten aus. Es brauchte nicht das auf dem kleinen Tisch liegende „Literaturblatt" und den vor dem Schwarzbärtigen angehäuften Papierberg, um dem halbwegs mit den Umständen des Kreises Vertrauten die Szene zu erhellen. Der Mann mit dem Bart ist niemand anderes als Friedrich Eggers, Vereinsgrün-
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