Heft 
(1993) 55
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Berlin 15. Novb. 97. Potsdamerstraße 134. c.

Hochgeehrter Herr Hauptmann.

Ergebensten Dank für das hübsche Buch. 13 Daß es mir gefallen wird, dessen darf ich nach der Novelle1 4 so gut wie sicher sein. Ich schreibe Ihnen darüber, wenn ich die 1806er Geschichte gelesen habe, was (leider) vor der Weihnachtszeit kaum geschehen wird. Im November ist immer Bücher=Hochfluth und es vergehen Wochen, beiWäl­zern" wie ich sie schreibe auch wohl Monate, ehe ich damit durch bin und mich dar­über auslassen kann.

Mit dem Wunsche, daß Sie viel Freude von Ihrem Jüngsten haben mögen, in vorzüg­licher Ergebenheit Ihr

Th. Fontane.

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Hochgeehrter Herr.

Berlin 21. April 98. Potsdamerstraße 134. c.

Daß ich bei Ihrem mir gütigst zugesagten Besuche nicht zu Hause war, habe ich lebhaft bedauert. Wir hätten über Ihr Buch 15 sprechen können, trotzdem ich nur etwa ein Drit­tel desselben gelesen habe. Denn ich wurde krank (bin es noch) und habe mich monate­lang jeder Arbeit enthalten müssen, besonders des Lesens, was mich immer - vielleicht eine Schwäche der Sehnerven - besonders angreift.

Ueber das Versagen meiner Kräfte, mitten in der Lektüre, hätte ich Ihnen aber doch nach Thorn1 6 hin kurz berichtet, wenn ich Ihnen gleichzeitig meine Uebereinstimmung mit dem bis dahin Gelesenen hätte ausdrücken können. Aber das konnte ich nicht. Ich finde das Garde du Corpsthum in seinem Träger zu feierlich behandelt und finde des Weiteren das Berlin von 1806, den ganzen Zeitton, (auch den Empereur1 7 miteinbegrif­fen) nicht recht getroffen. Möglich, daß Sie Recht haben. Aber ich glaub' es nicht. Ich darf behaupten, von meinem schwachen Wissen auf jedem Gebiete ganz ehrlich überzeugt zu sein; aber die Zustände von 1806 bilde ich mir ein zu kennen, fast wie wenn ich sie erlebt hätte. Sehr viel Intimes habe ich in Tagebüchern und Briefen, gedruckten und ungedruckten, gelesen und meine Kinder- und Knabenjahre sind erfüllt von Geschichten aus dem Munde solcher, die zur Jena=Zeit mitten in den Ereig­nissen standen. Wenn jemals eine wurmstichige Frucht reif zum Abfallen war, so war es das über sein schwaches natürliches Maaß unnatürlich hinausgewachsene Preu­ßen.18 GVer­ arde du Corps, wie der Ihrige, hat es Vereinzelte gegeben, aber auch diese einzelten, was thaten sie? Sie rechneten sich all das an, was schließlich doch bloß auf die Kappe des einen großen Mannes kam, der seit 20 Jahren in seiner Garnisonkir­che lag. Ich bin für Alte Fritz=Verherrlichung. Aber damit hört es auch auf. Alles andre - großes Fragezeichen!

Ihre Güte wird diese Bemerkungen nicht übel deuten.

In vorzügl. Ergebenheit, hochgeehrter Herr Major, Ihr

Th. Fontane.

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