Heft 
(1993) 56
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lichkeit Deines dortigen Aufenthaltes möchte Dir verkürzt oder geschmälert werden. Ich bedeutete ihm, daß uns die Sorge näher läge, wie wir Dich gesund wieder hierher bekämen, da es ausgemacht sei, daß weder Dir noch Deiner Frau das dortige Klima zusage, ferner was wir für Dich zu hoffen hätten in Bezug auf hiesige Verwendung und Anstellung in Hinblick auf Deine dem Staate geleiste­ten Dienste. Hierüber sollte er sich möglichst klar ausdrücken. Er that es mit Offenheit, Ehrlichkeit und Wärme für Dich. Sollte das literarische Büreau eingehn, sagte er, dann sei es allerdings am schwersten, etwas zu thun. Denn dann seien so viele da, welche wegen älterer Dienste (z.B. Wenzel 7 seit 1830) Ansprüche erhöben und deren Ansprüche auch er als gerechtfertigt anerkennen müßte, daß sich seine Macht, Dich zu vertreten, auf ein Minimum reduziren würde.

Zwar seiest Du ja auch schon seit 1850 im Litt: Cabinet 8 beschäftigt; aber das neue Regiment werde wenig Veranlassung und Neigung haben, das anzuer­kennen, Manteuffel habe persönliches Interesse für Dich gehabt. Bei einer Auf­gabe des Cabinets selbst unter ihm, würde er die Verpflichtung gefühlt haben, die persönliche Verpflichtung, weiter für Dich umzuschaun. Das sei natürlich bei den jetzt regierenden Herrn anders. Kurzum bei einer Aufhebung der Preß Centralstelle sind die Aussichten schlecht, so viel ist mir ganz klar. Dagegen steht diese Aufhebung weder vor der Thür, noch überhaupt fest, und man muß nun seine anderweitigen Bekanntschaften anspannen, um zu sehn, was vor­geht. Aegidi 9 soll hier herum spuken. Hegel hat mir getreue und prompte Mit­theilung von allem was Dich und uns wegen Deiner interessiren kann, zuge­sagt. Ich glaub ihm das; ich halte ihn für durch und durch aufrichtig und wohl­wollend. Wie richtig hatte er Deine wenig auf das Industrielle gerichtete Natur erkannt, wie selbstverständlich nahm er es an, daß man für so einen [eingefügt: Character, der] mehr auf das Ergreifen und Benutzen der Verhältnisse für seine innere Welt angelegt ist, als für das Zurechtmachen und Schaffen der Verhält­nisse für äußere Stellung und Erfolg, daß man für einen solchen Character, ihn ergänzend, mehr thun, mehr zurechtmachen, appretiren, forthelfen müsse, als für einen anders gearteten. Trotzdem habe er die stille Hoffnung gehabt, Du würdest Dir in England, auf dem Piedestal des Dir von ihnen zufließenden Gehalts irgend eine literarische [gestrichen: Stellung] oder sonstige Stellung erobern und zurechtmachen. - Andererseits habe er gern in allem Verkehr, den er mit dem Grafen von Bernstoff 10 [!] zu halten hatte, mit Nachdruck Deine Stellung zum Grafen, als die eines ihm Angehörigen, ihm speziell Untergebe­nen, hervortreten lassen, hoffende [!], daß sich zwischen Euch Beiden ein dau­erndes persönliches Verhältniß daraus ergeben möchte. Dies sei ihm als ein zweiter Faden für Deine Zukunft zu sorgen, wenn der erste risse, erschienen. Es hätte so werden müssen, daß der Graf die persönliche Verpflichtung gefühlt hätte, Dir eine Stellung zu verschaffen, falls er auf Deine Unentbehrlichkeit zu verzichten durch Deinen Wunsch oder anderweitige Verhältnisse, z.B. Klima­beschwerden gezwungen würde. 11 Die Sache ist nur die: dergleichen nimmt sich in einem Roman recht gut aus. Der Roman hat es auch irgend anders wo her, als aus der Wirklichkeit. Ist diese Wirklichkeit vorhanden, so würde Hegel keinen Rath zu geben brauchen, Du würdest nicht klagen, sondern vielleicht mit einer Versetzung Bernstorfii, vielleicht gar nach dem Süden, Deiner eignen Versetzung mit Ruhe entgegensehn.

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