Heft 
(1993) 56
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Nun ist aber diese Wirklichkeit nicht vorhanden, und läßt sich, wie die Dinge einmal liegen, auch nicht machen. Also helfen alle diese Finessen nicht. Oder läßt sich an diesem Verhältniß zu Bernstorf in der bezeichneten Richtung etwas machen, ausbilden ? - ich kenne es zu wenig - dann sei das Obige zur guten Stunde gesagt. Denn warum? Es sind Theologen, Hauslehrer, Maler, Sänger, es sind Leute ex quovis ligno 12 Diplomaten und Gesandte geworden. Dich Bernstorffen unentbehrlich zu machen ist Dein erstes diplomatisches Kunst­stück, - versuch doch mal, ob's nicht geht. Willst Du aber nicht, so sage, ob ich versuchen soll, Dir zu Ostern den Eintritt in irgend eine Zeitung als Bearbeiter des Auslands zu verschaffen. Leicht wird es nicht sein; auch weiß ich gar nicht, ob ich Dich nicht durch ein solches Anerbieten gar beleidige. Aber das mußt Du mir zu Gute halten. Ich weiß so wenig jetzt von Deinem Wollen, Wünschen und Begehren und man beurtheilt gern nach sich. Ich aber nähme in diesem Augenblick jede Stelle an, die mich aus dem Verkehr mit Menschen und aus dem Geschäft brächte.

Eben kommt die getreue Adelheid 13 , welche noch immer für mich Botendien­ste thut, während Tante e Randow 1 4 im Begriff ist, ganz unterzugehn und di ernstliche Sorge des Rütli ist 15 , der allerlei Maßregeln berathen hat, sie vom äußersten Verderben zu retten. Adelheid läßt vielmals grüßen.

Adieu, Lieber, laß' mich erfahren, was Du zu meinen Nachrichten denkst. Angenehm sind sie [gestrichen: sie] nicht; aber ich denke, es ist besser Du weißt ganz Bescheid, als man schreibt nur, wenn man Angenehmes zu melden hat. Die wenig heitern Nachrichten haben zudem stets das Gute, daß man der sichern Überzeugung leben kann, die Suppe wird nicht so heiß gegessen, wie sie aufgetragen wird. Ich halte an der Hoffnung fest, daß wir noch Alle einmal heiter und glücklich beisammen leben werden. Sonst wär's ja zum verzappeln, wie Ernst 16 immer sagte. Ich wiederhole meine besten und herzlichsten Wün­sche für die theure Elloramutter und bitte Dich die Kinder von mir zu küssen. Guten Morgen Nöhl!

Dein

Friede.

Nr. 2

Theodor Fontane an Friedrich Eggers

London, d. 17. Novbr. 58. 52 S 1 Augustine Road, Camden Town.

Mein lieber alter Eggers.

Habe herzlichen Dank für Deine 2 Briefe 1 , Deine Theilnahme, Deinen Gang zu Hegel und Deine 14 Silbergroschen. Ich mache auch die letztem namhaft, denn sie sind etwas in diesen schlechten Zeiten, wie 1807 wo Friedrich Wilhelm III, würdigen aber langweiligen Angedenkens, der Prinzessin Charlotte einen Fünfthalerschein zum Geburtstag schenkte. Ueber einen Napfkuchen verlautet weiter nichts.