daß hier Ansätze liegen, die Heinrich Mann in den späteren Werken fortsetzt und ausbaut. Zukunftsweisende Bedeutung für seine späteren Novellen besitzt auch die schon frühzeitig an Fontane geschulte Kunst der Gesprächsgestaltung, denn das Gespräch als Darstellungsmittel wird bis zu den Werken der letzten Phase wichtig bleiben. Im Unterschied zu dem leichten Plauderton der Gespräche in den Fontaneschen Romanen, in denen schroffe Auseinandersetzungen vermieden und momentane Verstimmungen immer wieder harmonisierend zu glätten versucht wird, nimmt das Gespräch bei Mann durchaus die Form des Streitgesprächs an, in welchem die Gegensätze der Sprecher zur Austragung kommen und Spannungen und Spaltungen in der Gesellschaft in Kauf genommen werden.
Das Thema 'Heinrich Mann und Theodor Fontane' ist mit diesen Ausführungen keineswegs erschöpft. So, wie sich der alte Heinrich Mann unverändert positiv zu Theodor Fontane bekannt hat, so wäre es durchaus sinnvoll, auch das Verhältnis der späteren Romane und ihrer Erzähltechnik zum Werk Fontanes zu untersuchen. Zu denken wäre hier etwa an den Roman „Der Atem", zu dessen Verhältnis zu Fontane Klaus Schröter einige Hinweise gegeben hat . 33
Anmerkungen:
1 Tatjana Awagjan: Der Einfluß Theodor Fontanes auf das Schaffen Heinrich Manns. Die Romane „Frau Jenny Treibel" und „Im Schlaraffenland". (Zum Problem der vergleichenden Analyse), in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Halle 34, 1985 G, Heft 5, S. 98-109; S. 98. Ohne Belang für unsere Untersuchung ist die ältere Arbeit von Joachim Seyppel: Viertausend Schritte. Hommage à Heinrich Mann. Versuch über sein Verhältnis zu Fontane, in: Sinn und Form 23, 1971, S. 782-788; die Studie von Klaus Schröter („Der Atem". Anmerkungen zu Heinrich Manns letztem Roman, in: Klaus Schröter (Hg.): Grüße, Hans Wolffheim zum sechzigsten Geburtstag. Frankfurt 1965, S. 133-144) stellt einige Parallelen zwischen Manns „Der Atem" und Fontanes „Cécile" her (S. 142 f.). - In seiner Arbeit „Zu Heinrich Manns „Untertan". In: Schröter, Klaus: Heinrich Mann. „Untertan" - „Zeitalter" - Wirkung. Drei Aufsätze. Stuttgart 1971, S. 9-38, macht Schröter einige knappe Ausführungen über entsprechende Motive und Details in den Romanen Fontanes und dem „Untertan" (S. 37f.). - Im Überblick berichtet Volker Ebersbach (Heinrich Mann. Leben - Werk - Wirkung. Leipzig 1982) über das Verhältnis Heinrich Manns zu Fontane (S. 42-44).
2 Bedenklich ist, daß sie den aufschlußreichen Briefwechsel Manns mit Ludwig Ewers (Heinrich Mann. Briefe an Ludwig Ewers 1889-1913. Berlin und Weimar 1980; zit.: Ewers) nicht zur Kenntnis nimmt, eines der wichtigsten Dokumente über die geistige und literarische Entwicklung des jungen Heinrich Mann.
3 Awagjan, a.a.O. (Anm. 1), S. 109. Die Arbeit weist aber auch eine Anzahl von Fehleinschätzungen auf. So wird wiederholt von dem Satiriker Theodor Fontane gesprochen, ein Urteil, das in dieser Allgemeinheit nicht zutrifft und genauer auf „Frau Jenny Treibel" eingeschränkt werden müßte. Daß eine gespannte Beziehung zum Naturalismus beider Dichter bestehe, gilt in dieser undifferenzierten Verallgemeinerung gewiß nicht für Fontane sowie man auch nicht von der Orientierung Fontanes an der Komödie sprechen kann. Zumindest terminologisch ist es problematisch, von dem „vernichtenden Humor" bei Fontane zu sprechen.
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