aus „Channel-Tunnel"). Der Themse-Tunnel, so stellt sich heraus, war zu seiner Zeit mindestens ebenso berühmt und ein ebensolches Wagnis, wie es der „Chunnel" heute ist.
2. Das Original: Tunnelbau in London
Bereits die Lebensgeschichte des Tunnel-Bauers Marc Isambard Brunel ist so außergewöhnlich wie sein späteres Projekt. Der am 25. April 1769 geborene Farmerssohn aus der Normandie wurde 1793 zur Guillotine verurteilt, floh erst nach New York und kam dann 1798 nach England, wo er u.a. die Massenfabrikation bzw. eine Methode erfand, Armeestiefel in großer Zahl herzustellen - was dazu führte, daß er nach dem Sieg bei Waterloo auf 80 000 Paar Stiefel sitzenblieb und Konkurs anmelden mußte. 3
In dem schnell wachsenden London macht man sich bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts Gedanken über den Bau eines Themse-Tunnels. Besonders die Stelle zwischen Wapping und Rotherhithe konnte den Fährverkehr kaum noch bewältigen, viele tausend Passagiere, vor allem Dockarbeiter, setzten dort täglich über. Wagenfahrer mußten einen Umweg von zwei englischen Meilen in Kauf nehmen. Ein 1817 begonnenes Projekt wurde nach fünf Jahren wieder aufgegeben, und man setzte 500 Pfund aus für einen Plan, wie man das Vorhaben technisch bewältigen könnte. Brunel, der sich 1818 sein „Schild" patentieren ließ, bekam schließlich den Auftrag. Am 2. März 1825 begannen die Arbeiten.
„Seldom has a construction development attracted such attention, national und international, as the Thames tunnel. It was being discussed the world over..." 4
Aber das Projekt stand unter keinem guten Stern. Der angeblich so tragfähige Lehmboden des Themsebettes bestand an einigen Stellen aus Kies und Sand, immer wieder brach Wasser ein. Bei dem folgenschwersten Zwischenfall am 12. Januar 1828 ertranken sechs Arbeiter. Das Leck konnte nur mühsam von oben mit 4500 lehmgefüllten Säcken gestopft werden. Danach wurden - der Betreibergesellschaft war das Geld ausgegangen - die Arbeiten für fast sieben Jahre unterbrochen. Erst 1834 konnten sie, nach einer Finanzspritze der Regierung, wieder aufgenommen werden. Dank eines neuen, weiterentwickelten Vortriebsschildes kam man nun besser voran, doch dafür gab es andere Probleme. Durch die Tunneldecke sickerte stinkendes Wasser aus der mit den ungeklärten Abwässern Londons hochgradig verseuchten Themse. Arbeiter fielen um oder erblindeten, bekamen Durchfall oder schlimme Kopfschmerzen. Viele trugen lebenslange Behinderungen davon. Am 12. August 1841 erreichte das Vortriebsschild endlich das Ufer von Wapping. 5
Am 25. März 1843 wurde der Tunnel eröffnet, doch war seine Unglücksge' schichte damit noch nicht beendet. Die Tunnelgesellschaft war abermals pleite/ weder konnte Brunel die versprochene Erfolgsprämie ausgezahlt werden, noch hatte man das Geld, den bisher nur für Fußgänger passierbaren Eingang zu einer Einf ahrt auszubauen. Das vielbestaunte Bauwerk verkam zum „Hades