hat. 10 Seine persönliche Abneigung gegen die Merkwürdigkeiten des Vereins, zu denen der Schutzpatron Till Eulenspiegel oder die Bezeichnung „angebetetes Haupt" für den Vorgesetzten gehörten, ist jedoch deutlich herauslesbar, wenn er formuliert:
„Um die Zeit, als ich eintrat, siebzehn Jahre nach Gründung des Tunnels, hatte die Gesellschaft ihren ursprünglichen Charakter bereits stark verändert und sich aus einem Vereine dichtender Dilettanten in einen wirklichen Dichterverein umgewandelt." 11
Fontane schönt hier - ein „wirklicher Dichterverein" ist der „Tunnel", von einzelnen Ausnahmen abgesehen, nie gewesen, so sehr sein berühmtestes Mitglied dies auch gewünscht haben mag.
Analog zu der Etikettierung unproduktiver Mitglieder als „Klassiker" und produktiver als „Makulaturen" etc. ist der Vereinsname „Tunnel über der Spree" wohl als gewollt-witziger Einfall zu betrachten, der die Andersartigkeit, den humoristischen Charakter der Vereinigung betonen sollte. Der Themse-Tunnel war in aller Munde, so konnte man durch die Namenwahl einerseits im Fahrwasser von dessen Berühmtheit schwimmen, andererseits den zeitgenössischen Technik-Enthusiasmus (der oft in unkritischer Bewunderung alles Britischen ausartete, da man in Deutschland in technologischer Hinsicht weit zurücklag) persiflieren und diesem britischen Unternehmen ein rein geistiges deutsches „Vorhaben" entgegensetzen. Ob man sich dessen bewußt war, daß viel Selbstironie darin mitschwingt, ein über der Spree schwebendes Luftschloß in Gestalt eines Tunnels „bauen" zu wollen? 12
Dennoch war sich der Verein seiner Verpflichtung bewußt, dem in London befindlichen Tunnel-Original die nötige Referenz zu erweisen. Fontane zitiert beispielsweise „das von Rudolf Löwenstein gedichtete Tunnel-Lied", das auf Stiftungsfesten besonders beliebt gewesen sei:
„Zu London unter der Themse Der mächtige Tunnel liegt,
Der Strom, scheu wie die Gemse,
Hin über die Tiefe fliegt..."
Allerdings nicht, ohne sich, eigene Erfahrungen hinzuziehend, darüber lustig zu machen:
„Wer die Londoner Themse gesehen hat, wird ihr alles Mögliche nachrühmen können, nur nicht den Gemsencharakter und die Scheuheit." 13
Neben der Bezeichnung, die ein Berliner Literatenverein 1827 für sich wählte, gibt es aber noch direktere Zeugnisse von der großen Anteilnahme, mit der man den Bau des Themse-Tunnels verfolgte und dann die geglückte Unternehmung bestaunte. Auf einige dieser Zeugnisse soll nun eingegangen werden, bevor der erst 1844 das erste Mal in London weilende Fontane wieder das Wort ergreift.