Friedrich II. getan hat, „für sein Land geradezu verhängnisvoll geworden" ist (28), - und sie weist in die Richtung, aus der das angeblich auf den Kathechismus Lutheri gestellte Preußen attackiert wird. Arne schilt Petersen, daß der „noch so langsam spiele wie zur Zeit des Wiener Kongresses" (23).
„Ja", lachte Petersen, „wie zur Zeit des Wiener Kongresses; (...) und muß ich Ihnen nachher eine Geschichte davon erzählen (...), die wenigen bekannt ist und die, soviel ich weiß, von Thorwaldsen stammt, der sie von Wilhelm von Humboldt hörte..." „von Alexander", sagte Arne. „Nein, erlauben Sie, Arne, von Wilhelm von Humboldt. Wilhelm war überhaupt..." „Aufpassen, Petersen..."
Aufpassen müssen auch wir: nicht nur, daß im Jahre 1859 sowohl Metternich, der Architekt der Restauration, die Preußens langwährende außenpolitische Handlungsunfähigkeit besiegelte, als auch Alexander v. Humboldt, der Bruder des preußischen Unterhändlers in Wien, starben. Mit dem Brüderpaar Humboldt verbinden sich für Fontane noch ganz andere Vorstellungen. Gelegentlich einer Musterung sittlicher Verirrungen deutscher Dichter und Denker bemerkt er 1889 lapidar: „Bei den Humboldts wußte keiner mehr, ob er nicht sein eigner Großvater oder Enkel sei." 36 Fünf Jahre vorher hatte er seine Interessenlage im Hinblick auf Biographisches klar formuliert:
Wenn man sich entschließen könnte, die Geschichte der Humboldts ächt und wahr zu erzählen und beispielsweise bei den sexuellen Uncorrectheiten ich glaube Beider (des Einen gewiß) zu verweilen, so würde ihr Lebensbild 10 mal interessanter werden und zwar nicht vom gemeinen Klatschbasen- sondern vom physiologisch-psychologischen Standpunkt aus. 37
In Unwiederbringlich sind es nicht zuletzt die „sexuellen Uncorrektheiten" der historischen Figuren, welche in das fiktive Geschehen hineinleuchten als luzife- rischer Lichtstrahl, - um von dort gleichsam gebündelt in die Realität reflektiert zu werden. Natürlich bleibt Fontane bei den Humboldts nicht stehen: Als Ebba im „Mätressengespräch" über „Preußen mit seinem großen Manko auf diesem Gebiet" (179) lästert, zielt sie ausdrücklich auf den großen Friedrich, dem „einige Schriftstellerinnen (...) ein halbes Dutzend Liebesabenteuer angedichtet haben (...), weil sie ganz richtig fühlten, daß es ohne dergleichen nicht geht". Wenn trotzdem, dann ist etwas faul im Staate; - und die Kinderlosigkeit Friedrichs, die er mit den zur Handlungszeit regierenden Häuptern Dänemarks und Preußens teilte, war denn auch politisch folgenschwer. Sie leitete ja gerade jene Niedergangsperiode unter dem „dicken König" Friedrich Wilhelm II. ein, die zu Jena und Auerstedt führte und an der die von Ebba verschwiegene Mätressenwirtschaft noch das Sympathischste war.
Und Friedrich selbst? Lassen wir O. Rank zu Worte kommen:
Ganz einzig dastehend in seiner Art ist das Verhältnis des „alten Fritzen" zu seiner Schwester, das sich in einem kuriosen Briefwechsel verrät (...) In diesem Briefwechsel, den die Geschwister ihre Hunde miteinander führen lassen, bekennen die beiden ihre fleischliche Sehnsucht nachein-