verkündet den Tod desselben" 74 . Darin also besteht die Aufgabe Ebbas im Verweisungsgefüge des Textes. Das Schicksal der Holks erneut und diesmal „handgreiflich" und symbolisch zugleich mit der preußischen Königsfamilie zu verbinden. Die Sage war gerade im Dreikaiserjahr sehr gegenwärtig: „Seit Anfang Juni wollte man in Potsdam die weiße Dame gesehen haben (am 15. starb Friedrich III. - der Verf.). Angeblich war sie auch im März erschienen, als Kaiser Wilhelm im Sterben lag (...)". 75 Ebba, von deren Rolle als nordischer Venus im übrigen „aktennotorische" genealogische Verbindungen zur Sagengestalt „Weiße Frau" existieren, 76 heiratet wie Holk - ihn durch ihre Hochzeit zu der seinigen zweiten regelrecht provozierend - im Krisenjahr 1861. Auch in diesem, das Wilhelm I. für gefährlicher als 1848 hält, stirbt ein Hohenzoller, - und es stirbt eine Holk. Was damals Marx über die Residenzatmosphäre berichtet, gleicht auffallend Christines Worten über Kopenhagen. „Es herrscht ein allgemeiner Auflösungsdurft, und Leute von jedem Rang betrachten eine Katastrophe als unvermeidlich (...) Der Ton, der in Berlin herrscht, ist frech und frivol" 77 . - Die Umwertung hat sich radikal vollzogen, Christines privater Weltuntergang bedeutet zugleich die Kapitulation der preußischen Werte; 1861 und 1890 weisen gemeinsam auf jenes Datum zurück, an welchem im Roman die Dobschütz über Christine Holks Selbstmord berichtet: den 14. Oktober, der sowohl der Todestag von Friedrich II. Lieblingsschwester als auch der Tag von Jena ist, an dem das alte Preußen starb.
Anmerkungen
Alle Zitate aus dem Roman nach der Ausgabe des Aufbau-Verlages (AFA).
1 Im zweiundzwanzigsten Kapitel läßt Arne die Hochzeitsgäste „Auf das Glück von Hol- kenäs" anstoßen. Dies scheint nicht nur uns eine Anspielung auf Uhlands Ballade „Das Glück von Edenhall"; vgl. auch den Kontext (255).
2 Lieselotte Voss, Literarische Präfiguration dargestellter Wirklichkeit bei Fontane.... München 1985, S. 27.
3 Jacob Grimm, Deutsche Mythologie, III. Bd.... Graz 1953, S. 153. Als Fontane den Volkskundler A. Kuhn für einen geplanten eigenen Aufsatz konspektierte, hinterließ er einen seitengenauen Vermerk, daß er dessen einschlägiges Wissen über Nixen zur Kenntnis genommen hatte, wozu auch die Bedeutung des Johannistages gehört. Vgl. NFA XVIII, S. 461ff. und „Märkische Forschungen", Bd. 1, S. 136.
4 Erst nach Erscheinen des ersten Teils unseres Aufsatzes wurde Verf. mit Renate Böschensteins Studie „Idyllischer Todesraum und agrarische Utopie..." bekannt. Ein beinah schon beglückender Fall von Koinzidenz auf einem - wie einige Reaktionen zu Teil 1 bezeugen - heiklen Gebiet. B. schreibt: „Was hier der 'disguised symbolism' des realistischen Erzählers verstecken muß, ist die Präsenz Mignons, des Symbols nur im Tode stillbarer Sehnsucht (...)" Vgl. Dies, in: Idylle und Modernisierung... Hrsg. von. H. U. Seeber..., S. 26.
3 Ausführliches Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch von Georges. Tübingen 1951. Sp. 2440 f.
6 Hans Friedrich Rosenfeld, Zur Entstehung Fontanescher Romane. Groningen-Den Haag 1926, S. 31.