Heft 
(1994) 57
Seite
59
Einzelbild herunterladen

Ein "Feuerwerk" hat Melusine zu diesem Bekenntnis angeregt (S. 159f.), gesichtet auf der Rückfahrt vom "Eierhäuschen". Im Rahmen der hier statt­findenden Unterhaltung zwischen ihr, Woldemar, Armgard und der Baro­nin Berchtesgaden leitet letztere, noch größeren Übermut als Melusine beweisend, nun mit einer gewagten Assoziation zum Gesprächsthema "Pastor Lorenzen" über:

"'Ich muß angesichts dieser doch erst kommenden Luftschifferschlachten ganz ergebenst daran erinnern, daß für heute noch wer anders in der Luft schwebt, und zwar Pastor Lorenzen. Von dem sollte die Rede sein. Frei­lich, der ist kein Pyrotechniker'" (S. 160).

Woldemar aber macht, ohne humorlos zu sein, deutlich, daß man so über Lorenzen nicht sprechen kann:

"'Nein', lachte Woldemar,das ist er nicht. Aber als einen Aeronauten kann ich ihn Ihnen beinahe vorstellen. Er ist so recht ein Excelsior-, ein Aufsteigemensch, einer aus der wirklichen Obersphäre, genau von daher, wo alles Hohe zu Haus ist, die Hoffnung und sogar die Liebe'" (S. 160f.).

Melusine ist, in ihrer gewohnten Taktlosigkeit, nicht dazu bereit, Lorenzen von weiteren Verspottungen zu verschonen. So nennt sie ihn u.a. einen "Wundermann mit der Studentenliebe" oder einen "Säulenheiligen" (S. 161). Der wie immer solchen Überspanntheiten mit Geduld und Milde begeg­nende Woldemar versucht nun "auf einem Umwege" (S. 161), Melusine Lorenzens idealen Charakter klarzumachen. Hier kommt Joao de Deus ins Spiel, für den, wie Woldemar erläutert, sein Freund und Lehrer eine Vorlie­be habe:

"'Dieser ]oao de Deus', so etwa waren seine Worte, 'war genau das, was ich wohl sein möchte, wonach ich suche, seit ich zu leben, wirklich zu leben angefangen, und wovon es beständig draußen in der Welt heißt, es gäbe dergleichen nicht mehr. Aber es gibt dergleichen noch, es muß derglei­chen geben oder doch wieder geben'" (S. 162).

Der Portugiese sei, fährt Woldemar in seiner Erzählung fort, als Heiliger verehrt worden, "'...weil er für die Armen gelebt hatte und nicht für sich'." Jetzt gesteht sogar Melusine ein: "'Das ist schön'" (S. 163). Woldemar fügt hinzu, daß Lorenzen versuche, seinem portugiesischen Vorbild nachzueifern. Auch stellt Woldemar, indem er die Geschichte erzählt, seine eigene Zugehörigkeit zu diesem kleinen Kreis von ausgewiesenen Menschen­freunden unter Beweis, die den Unterprivilegierten helfen wollen. Wenige Seiten zuvor hat er bereits bemerkt:

"'Nur die Armen bringen die Mittel auf für das, was jenseits des Gewöhn­lichen liegt; aus Begeisterung und Liebe fließt alles. Und es ist etwas sehr Schönes, daß es so ist in unserm Leben. Vielleicht das Schönste (S. 157).

59