Dubslav das Alte vertritt - Uralten ein Extrem, dem, wie wir noch sehen werden, auf der Seite des Zukünftigen die junge Agnes entspricht.
Um diese Konzeption klarer erscheinen zu lassen, kann man den in diesem Aufsatz behandelten Hauptpersonen eine bestimmte Zeitebene zuordnen. Adelheid ist die Vertreterin des Uralten, Dubslav des Alten, Woldemar und Armgard verkörpern das Zeitgemäße, Neue und Agnes steht für die noch unbekannte Zukunft.
Bleiben wir aber zunächst bei Adelheid, die sich auszeichnet durch
"...die tiefe Prosa ihrer Natur, das märkisch Enge, das Mißtrauen gegen alles, was die Welt der Schönheit oder gar der Freiheit auch nur streifte" (S. 84).
Soweit die Charakterisierung durch den Erzähler. Wie wenig Adelheid für die Welt der Freiheit übrig hat, zeigt bereits ihre Kritik an der Tatsache, daß Armgards Mutter eine Schweizerin ist. Für Adelheid ist die Schweiz ein "wildes Land" (S. 164), weil es, wie Woldemar korrigierend hinzusetzt, ein "freies Land" ist (S. 165). Woldemar aber durchschaut die Vorurteile seiner Tante, deren Beziehungen zu dem geheimnisvollen Rentmeister Fix (S. 86 u.a.) bereits Bände sprechen. Der Neffe erkennt:
"'Geld erniedrigt.' Aber das kenn ich. Wenns nur recht viel ist, kann es schließlich auch eine Chinesin sein. In der Mark ist alles Geldfrage. Geld - weil keins da ist - spricht Person und Sache heilig und, was noch mehr sagen will, beschwichtigt zuletzt auch den Eigensinn einer alten Tante'" (S. 166).
Wenn Adelheid die weibliche Vertreterin des überkommenen Vergangenen, Armgard die Vertreterin des zum Zeitpunkt der Romanhandlung Zeitgemäßen ist, so weist die Figur der kleinen Agnes über die Gegenwart weit hinaus. (Daß Fontane in diesen weiblichen Gestalten den Bogen von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft schlagen will, wird bereits durch die Verknüpfung der Vornamen vermittels des gleichen Anfangsbuchstabens angedeutet.) Agnes bleibt vergleichsweise blaß, das liegt aber in der Natur der Sache. Wer kann schon genau sagen, wie die Zukunft aussehen wird? In dem kleinen Mädchen kündigt sich aber keinesfalls ein revolutionärer Umsturz an. Auch es paßt in das vom Roman vermittelte Bild stetigen, evolutionären Wandels.
Agnes ist, obwohl sie als Enkelin der hexenhaften Buschen und Tochter der leichtlebigen Karline (auch in den Generationsvertretern dieser Familie deutet sich eine Klimax zum Besseren an!) zum vierten Stand gehört, der "Liebling" aller (S. 356). Das Kind ist anstellig und wißbegierig (S. 369 u.a.), gibt Bären vor zweideutigen Störchen den Vorzug (S. 366) und wird daher, wenn ich dies Bild richtig deute, wohl nicht so werden wie ihre wenig vorbildlich lebende Mutter. Daß Agnes mit den Störchen die roten Beine gemein hat, gibt zu denken, weist aber wohl eher auf ihre zukunftsweisende Funktion hin als auf ein kommendes amoralisches Leben.