geldächer. 46 Doch auch die Kolonie hält nicht, was sie verspricht. Hinter dem märchenhaften Namen "grüne Glashütte” verbirgt sich die Produktion ordinären Flaschenglases, und daß die Globsower alles andere als revolutionär gestimmt sind, zeigt sich u.a. am Romanschluß, als sie Woldemar als einen der "Ihrigen" begrüßen (S. 401).
Auch die enttäuschte Gräfin wird von Dubslav abgelenkt:
“'Wenn Sie die offene Seefläche vor sich hätten und in der Vorstellung (Hervorhebung S.N.) stünden: 'jetzt bildet sich der Trichter und jetzt steigt es herauf, so würden Sie mutmaßlich nichts von Enttäuschung empfinden. Aber jetzt! Das Eis macht still und duckt das Revolutionäre. Da kann selbst unser Uncke nichts notieren”' (S. 275).
Roter Hahn und Wassersäule existieren nur, das weiß Dubslav, in der Vorstellung. Man spürt, wie der alte Herr es genießt, seine Besucher hinters Licht zu führen. Wenn er Melusine verspricht, nach dem Aufhacken des Eises werde der rote Hahn aufsteigen, ist das natürlich nicht ernst gemeint (S. 275). Melusine durchschaut dieses Spiel und gibt sich “abergläubisch" , was die moderne junge Frau keineswegs ist. Diese humorvolle Revanche wird natürlich von der humorlosen Adelheid gründlich mißverstanden; sie
"...rückte mit Ostentation von Melusine weg, mehr der Banklehne zu, wo, halb wie das gute Gewissen, halb wie die göttliche Weltordnung, Uncke stand und durch seine bloße Gegenwart den Gemütszustand der Domina wieder beschwichtigte” (S. 276),
wie der Erzähler erläutert. Die ansonsten recht abergläubische, jedoch betreffs des Sees keineswegs an den roten Hahn glaubende (wäre sie sonst mitgekommen?) Domina muß annehmen, daß Melusine den durchsichtigen Spuk für bare Münze nimmt. Daß es sich hier um eine durchweg humoristische Szene handelt, zeigt jede Zeile. 47 Die Bemerkung, daß Uncke wegen des Eises nichts notieren könne, erkennt sogar der sonst nicht gerade mit geistigen Gütern gesegnete Gendarm als Witz: "Uncke schmunzelte" (S. 275). Die Stechlin-Forschung hat es, vom Humor-Standpunkt aus gesehen, bisher jedoch mehr mit Adelheid gehalten und den von Dubslav sorgsam gepflegten See-Mythos als wissenschaftliche Tatsache festgeschrieben. 48 Dubslav führt seine Gäste nicht nur mit dem See an der Nase herum. Ein korrespondierendes Motiv ist die kranke Aloe vor dem Schloß:
“Aus dem sumpfigen Schloßgraben hatte der Wind vor langer Zeit ein fremdes Samenkorn in den Kübel der kranken Aloe geweht, und alljährlich schossen infolge davon aus der Mitte der schon angegelbten Aloeblätter die weißen und roten Dolden des Wasserliesch oder Butomus umbellatus auf. Jeder Fremde, der kam, nahm diese Dolden für richtige Aloeblüten, und der Schloßherr hütete sich wohl, diesen Glauben, der eine Quelle der Erheiterung für ihn war, zu zerstören" (S. 9).
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