Schlußsatz auf den Ideengehalt seines Romans hinweisen wollen, auf die Aussage des Werks Stechlin, das mit dem See den teils realen, teils fiktiona- len Charakter gemein hat: wie die Sage ist die Romanhandlung nur eine Fiktion. Beide gehen aus von dem geographischen Ort, dem See im Ruppi- ner Winkel. Auch dies wäre ein Plädoyer für evolutionären Wandel, der sowohl durch die Sage als auch durch die Romanhandlung näher bezeichnet wird.
Da die Gräfin mit ihrem sphinxhaften Ausspruch den Pastor des "in den Weihnachtstagen geschlossenen Pakts" gedenken läßt (S. 401), könnte ein Blick auf das mit diesem Pakt endende Gespräch Aufschluß geben. Lorenzen und Melusine, Erzieher des Romanhelden und der Romanheldin, besprechen in ihrem gar nicht revolutionären "revolutionären Diskurse" (S. 283), wie Melusine die Unterhaltung augenzwinkernd nennt, den Wechsel von alt und neu. Die Notwendigkeit des Fortschritts (S. 282), die Entwicklung von der sozialen Stellung kraft Geburt zur Auswahl nach Fähigkeit (S. 280) u.v.a. sind Gegenstand einer versöhnlichen Unterhaltung zwischen der Adelsvertreterin und dem Anwalt der Menschen aus den unteren Schichten. Der Pastor ist auf Ausgleich bedacht:
"'Ich liebe, hab auch Ursach dazu, die alten Familien und möchte beinah glauben, jeder liebt sie. Die alten Familien sind immer noch populär, auch heute noch. Aber sie vertun und verschütten diese Sympathien, die doch jeder braucht, jeder Mensch und jeder Stand'" (S. 282).
Woldemar ist ein Produkt dieser Anschauung, dafür hat sein Lehrer gesorgt. Woldemar wird die Versöhnung von alt und neu leisten können. Um ihm und Armgard dabei zu helfen, schließen Melusine und Lorenzen den Pakt, beiden "Stütze" zu sein (S. 280), für sie die "Bürgschaft" zu übernehmen (S. 283). Daran erinnern die letzten Worte des Romans: an das Versprechen, alles zu tun, um den evolutionären Wandel der Zeiten im Zeichen der Menschlichkeit vollziehen zu helfen.
Anmerkungen
1 Vgl. die bekannte Stelle im Brief an Carl Robert Lessing vom 8. Juni 1896: "Im Winter habe ich einen politischen Roman geschrieben (Gegenüberstellung von Adel, wie erbei unssein sollte und wie er ist) . D ieser Roman heißt 'D er Stechlin.'" Zitiert nach: Th. Fontane: Der Dichter über sein Werk. Hrsg. v. Richard Brinkmann u.a. 2 Bände. Für die Taschenbuchausg. durchges. u. erw. Fassung. München 1977. (=dtv-Bibliothek Band 6074.) 2. Band, S. 471.
2 Julius Petersen: Fontanes Altersroman. In: Euphorion. 29. Band. Stuttgart 1928. S. 1-74. Zitat S. 54.
3 Vincent J. Günther: Das Symbol im erzählerischen Werk Fontanes. Bonn 1967. (=Bonner Arbeiten zur Deutschen Literatur. Hrsg. v. Benno v. Wiese. Band 16.) S. 131-
4 Manfred Allenhöfer: Vierter Stand und Alte Ordnung bei Fontane. Zur Realistik des bürgerlichen Realismus. Stuttgart 1986. (=Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik, hrsg. v. Ulrich Müller u.a., Nr. 179.) S. 146.
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