mit dem Kapellmeister der Königlichen Oper, Wilhelm Taubert, schrieb Zwischentexte für musikalische Veranstaltungen, referierte kunstwissenschaftliche Entwicklungen auf Grundlage der zahlreich erscheinenden Literatur und trat mit öffentlichen Vorträgen vor ein kunstliebendes Publikum. Fontane, dem der 'Freundeskreis stets Gegenstand analytischer Beobachtung vorgeführter Lebenskonzeptionen war, erkannte in Eggers' Alltagspraxis das Zerfließende, das wirkliche Leistung verhindert. „Eggers ist mir ein Rätsel", schreibt er im Januar 1857 an Merckel, „er ist fleißig, ausdauernd, großer Überwindungen und Opfer fähig und im höchsten Maße eigensinnig, nichtsdestoweniger fehlt ihm Energie, die doch mit allen jenen Eigenschaften nah verwandt ist. Eggers und ich sind darin vollkommene Gegensätze." 9 Denn: Eggers sei unfähig, ausweglose Vorhaben als solche zu erkennen und fahren zu lassen. Fehlende Produktivität bei einem Übermaß an Agilität - dahingehend konzentrierten sich die Vorwürfe Fontanes. Er stand mit ihnen nicht allein, der Kreis um Kugler war ähnlicher Überzeugung.
Die Schärfe des späteren Urteils, dessen Wurzeln sich im Mitgeteilten abzuzeichnen beginnen, wird noch einsichtiger, stellt man den zeitweiligen Bruch in Rechnung, zu dem es zu Beginn der Neuen Ära kam. Der wohlmeinende Ton, mit dem der Freundeskreis, allen voran Eggers, Fontane für die politische Kurswende 1858 gewinnen wollte, leitete langwirkende Verstimmungen ein. Sie schlugen sich auch in Spannungen der „Rütli"- und „Tunnel"-Runden nieder, deren Geschick Fontane von London aus noch so umständlich-bedachtsam abgewogen hatte. Als Anfang der sechziger Jahre die Rollenverteilung in den Vereinen und deren personelle Besetzung diskutiert und prinzipiell ausgehandelt wurden, kam es zur scharfen Gegenüberstellung. „So lange das Rütli eins war, hat es im Tunnel geherrscht. Nun es gespalten auftrat, fiel es natürlich durch", heißt es verärgert in einem Brief Eggers, „Fontane ist am Schlimmsten dabei. Schenkendorf (B. v. Lepels Vereinsname, R. B.) hat seine Überzeugungen, die oft schrullig sind; aber weiß zu leiten. Nöhl aber fehlt es an persönlichem Muthe; er hat keine Grundsätze, woher soll auch der Muth kommen, für sie einzustehen?" 10
Fontane hat, wie angedeutet, die Stifter- und Vereinsliebhaberei -Eggers', obwohl er von ihr profitierte, schon früh ironisiert. „Ich wünsche Dir, würdiger Freund", schrieb er 1855 zu dessen Geburtstagsfest, „daß Du der Welt erhalten bleiben mögest, d. h. dem Tunnel, dem Rütli, der Ellora, dem Kunstblatt, dem evangelischen Verein, dem Verein für mittelalterliche Kunst, dem Verein für Einführung bunter Männertrachten, dem Verein zur Aufbewahrung männlicher Keuschheit usw. (. ..]"1 1 Wie stand es um diese Aktionsräume, denen Eggers soviel Zeit und Kraft opferte und die so viel Anlaß zur Spöttelei lieferten? Ein Blick auf das theoretische Umfeld derartiger Fragestellungen ist angezeigt.
Es ist festgestellt worden, daß „das Vereinsprinzip zum Strukturprinzip der modernen Gesellschaft" 12 im 19. Jahrhundert wurde. Der Verein bildete sich zu einer Organisationsform heraus, in der bürgerliches Selbstverständnis und politische Aktivierung ebenso ihren Ausdruck fanden wie die kulturelle Bildung, die sich durch Multifunktionalität auszeichnete. Übergreifend und zusammenfassend formulierte K. Ten- felde: „Mag in ideengeschichtlicher Sicht der Vereinsgedanke auch in das Arsenal der Aufklärung und der vormärzlichen Gesellschaftsreformen gehören, so liegt der quantitative und, [...), qualitative Akzent der Vereinsgeschichte doch im Sinne einer Durchsetzung stadtbürgerlichen Organisationsstrebens in der Zeit zwischen Revolution und Reichsgründung,(...] "13 Wer nach Beispielen sucht, an denen sich diese Entwicklung mustergültig und verdichtet vorführen ließe, hätte in Eggers seinen Mann. Kaum eine Form ließ er aus, um Gemeinschaft zu stiften und Sozialisierungsvorgänge zu befördern. An seinem Fall könnte deutlich werden, wie differen-
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