Heft 
(1990) 49
Seite
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Nicht erschöpft ist die Gestaltungskraft des Greises mitEffi Briest". Ihm gelingt ein zweites Meisterwerk:Der Stechlin". Im Winter 1895 entsteht dasBrouillon", das er 1896/97 ausarbeitet.Zum Schluß stirbt ein Alter, und zwei Junge heiraten sich - das ist so ziemlich alles, was auf 500 Seiten geschieht", schreibt er, konisch das Wesent­liche verhüllend, das diese 500 Seiten, ein Buch der Weisheit, sein Vermächtnis an Mit- und Nachwelt umfassen: sein Wissen um die Bedrohtheit unserer Welt, seine Sorge um die Zukunft angesichts des immer breiter sich geltend machenden Militaris­mus, seine Hoffnung auf ein künftiges edleres Menschentum.

Am Abend des 20. September 1898 schließt er, ohne vorausgehende Krankheit, die Augen. Ihm selbst könnte die Grabrede gelten, die er seinen alten Dubslav von Stech­lin halten läßt:. .. Sein Leben lag aufgeschlagen da, nichts verbarg sich, weil sich nichts zu verbergen brauchte. Sah man ihn, so schien er ein Alter, auch in dem, wie er Zeit und Leben ansah; aber für die, die sein wahres Wesen kannten, war er kein Alter, freilich auch kein Neuer. Er hatte vielmehr das, was über alles Zeitliche hin­ausliegt, was immer gilt und immer gelten wird: ein Herz. .. .Er war das Beste, was wir sein können, ein Mann und ein Kind. Er ist nun eingegangen in seines Vaters Wohnungen und wird da die Himmelsruhe haben, die der Segen aller Segen ist".

Anmerkungen

1 Die norwegische Fassung dieser Einführung findet man in: Theodor Fontane, Effi Briest, übersetzt von Lotte Holmboe, hrsg. von Max Tau. Gyldendal Norsk Forlag. Oslo 1976 oder 1977, S. 293 - 322.

Die Handschriftensammlung der Universitätsbibliothek in Oslo und Frau Tove Tau (Oslo) besitzen die schreibmaschinenschriftlichen Vorlagen dazu, wobei diese im Verhältnis von Original und Durchschlag zueinander stehen. Für die Überset­zung ins Norwegische wurde das Exemplar der Universitätsbibliothek verwendet, in dem sich zwei berücksichtigte handschriftliche Änderungen finden.

Bei der Absatzgestaltung hielt ich mich an die gedruckte Fassung, die nur an drei Stellen vom Typoskript abweicht.

Die Hervorhebungen Max Taus folgen der maschinenschriftlichen Vorlage, nicht der übersetzten Variante. Einige geringfügige Änderungen der norwegischen ge­genüber der deutschen Fassung lassen sich nachweisen.

2 Ursprünglich standGift" stattÜberdosis Digitalis" im Typoskript (siehe das Ex­emplar der Universitätsbibliothek Oslo).

3 Der Satz zu S. Beckett steht handschriftlich im Exemplar der Universitätsbiblio­thek Oslo, er wurde ins Norwegische übersetzt.

Hilfreich unterstützt und überaus entgegenkommend behandelt wurde ich von Frau Tove Tau, die die Erlaubnis zum Abdruck erteilte, bereitwillig Auskünfte gab und Kopien sandte, von Herrn Sverre Flugsrud seitens der Handschriftensammlung der Universitätsbibliothek Oslo durch mehrfaches Bereitstellen von Kopien und von Herrn Stefan Pucks (Berlin/West), der meine Interessen kennt und an sie bei seinen Recherchen immer wieder denkt. Das Theodor-Fontane-Archiv griff meinen Vorschlag der Veröffentlichung auf und half seinerseits durch den Einblick in Archivbestände. Ich danke allen herzlich.

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