Heft 
(1990) 49
Seite
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Auch Rudolf Hoecker wurde in dem Mitgliederverzeichnis des Fontane-Abends vom 1. November 1933 nicht mehr namentlich erwähnt. Die Gründe hierfür ergeben sich vorrangig aus der damaligen politischen Situation. Wegen seiner Zugehörigkeit zur SPD (seit 1927) war Hoecker durch die Nazis seiner leitenden Tätigkeit enthoben und in das Amt eines Bibliotheksrates zurückversetzt worden.

In einem Schriftstück vom 12. 8. 1933, ausgeführt vom damaligen Verwaltungsdirek­tor der Universität, heißt es u. a.:

.Ich kann mir nicht denken, daß Dr. Hoecker, der starke internationale und pazifistische Bindungen gehabt hat, für die geistige Umwandlung, die in der Studentenschaft vor sich geht, genug Verständnis hat und ich glaube auch nicht, daß er sein Institut so zu leiten vermag, wie es ein anderer, der innerlich ungebrochen zur nationalen Erhebung steht, tun würde." 8 Später wurde gegen Hoecker noch ein Disziplinarverfahren wegen Amtspflichtver­letzung eingeleitet. Seine Pflichtverletzung bestand in der verbotswidrigen Unterhal­tung eines Unterstützungsfonds für Beihilfen zugunsten in Not geratener Bibliotheks­gehilfen und Angestellten. Nach vorübergehender Amtsenthebung wurde er in Form _ einer Gehaltskürzung bestraft und 1936 zur .Dienstleistung" an die Technische Hoch­schuleüberwiesen", wo er, bis zur Zerschlagung des faschistischen Systems in eine Artinnere Emigration" flüchtend, sein BuchDie kulturellen Wechselbeziehungen zwischen Japan und Europa" vorbereitete. Nach der Befreiung vom Faschismus be­auftragte ihn der Magistrat von Berlin am 29. Mai 1945 mit der kommissarischen Leitung der Staatsbibliothek, der Universitätsbibliothek und der Bibliothek der Tech­nischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg. Vom 1.10. 1946 bis 1.11. 1950 wirkte er als Chefdirektor der als öffentliche wissenschaftliche Bibliothek wiedereröffneten Staatsbibliothek. In dieser Funktion hat Hoecker Hervorragendes geleistet. 9 Die Zunft der Bibliothekare war im Fontane-Abend auch durch das auswärtige Mit­glied Dr. Paul Güntzel vertreten, der sich jedoch im Unterschied zu Hoecker in das faschistische System einordnete. Schon während seiner Mitgliedschaft im Abend als Oberbibliothekar der Bibliothek des Reichsgerichts in Leipzig tätig, avancierte Günt­zel 1935 in das Amt des Direktors, das er bis 1945 ausübte. Im Fontane-Archiv be­finden sich Drucke, deren eingeklebte Exlibris auf den ehemaligen Besitzer Paul Güntzel verweisen.

Das Märkische Museum war durch seinen Direktor, Dr. Walter Stengel, im Fon­tane-Abend Berlin vertreten. Der mehr literarisch orientierten Konzeption Pniowers folgte er als Museumsdirektor nicht, da er sich besonders auf dem Gebiet der Fayen­cen spezialisiert hatte. Das könnte zugleich auch erklären, warum in bezug auf die Emdensche Fontane-Sammlung der Universitätsbibliothek das Feld überlassen wurde. Stengel selbst bestärkt diese Vermutung, wenn er von den seit 1926 alljähr­lich unternommenen Fahrten durch die Mark berichtet:

Die erste Exkursion, der sich auch Liebermann anschloß, berührte den al­ten Herrensitz derer von Ribbeck auf Ribbeck im Osthavelland; die Frucht, die jedem Teilnehmer unter dem legendären Birnbaum gereicht wurde, war als eine Art Unterpfand gedacht, als ein lockendes Verspre­chen, daß diese Ausflüge den Spuren Theodor Fontanes folgen würden, der, überall menschlich anrührenden Zügen in den Lebensbildern vergangener Generationen nachspürend, das Glück hatte, bei solcher Suche unversehens unter den späten Nachfahren berühmter Märker echten Charakteren vom Schlage des alten Stechlin zu begegnen. Im Laufe der Jahre ist das Land Brandenburg nach allen Richtungen der Windrose durchstreift, manche Er­innerung aus den .Wanderungen' aufgefrischt, auch manches Gutshaus be-

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