Heft 
(1990) 49
Seite
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Zu den Verdiensten Homeyers gehört ferner, daß er mit seinem BuchDeutsche Ju­den als Bibliophilen und Antiquare" 10 vielen seiner persönlichen Freunde ein ehren­des Denkmal setzte. In diesem Buch beschrieb er aber auch die Verhaltensweise des damaligen Meisterdruckers Eduard Wilhelm Tieffenbach. 17 Dieser hatte bereits 1913 in Berlin-Steglitz die Handpresse Officina Serpentis begründet und z. B. für die Maxi­milian-Gesellschaft in einer Prachtausgabe FontanesEffi Briest" u. a. Werke ge­druckt, so daß ihm die Freunde des jüdischen Buches den Druck der hebräischen Mo­numentalbibel unbedenklich anvertrauten. 18 Homeyer stellt hinsichtlich des erwähn­ten Druckers die Frage:

Kann man sich vorstellen, daß Tieffenbach schon vor und während des Druckes ein wilder Nazi war, der heimlich im braunen Hemd die Steglitzer Jugend zu tüchtigen Judenmördern heranbildete? Er wußte genau Bescheid über die Absichten und das teuflische Naziprogramm, das auf eine völlige Vernichtung der deutschen Juden zielte .. ," 19 Doch letztlich hatte sich für Homeyer in allen seinen Lebensabschnitten immer wie­der deutlich gezeigt", daß ihmdie Sache des Buches, seinem geistigen wie seinem äußeren Wert nach zur wichtigsten Angelegenheit" seines Daseins geworden war, in die er versuchte, alle seineErkenntnisse und Planungen münden zu lassen". 20 Gänzlich anders ist das Bild des Fontane-Sammlers und ehemaligen Mitglieds des Fontane-Abends Richard von Kehler zu skizzieren. 21 Der vorherige Weltkriegsoffi­zier war später in führenden Positionen der Wirtschaft tätig, so u. a. als Generaldi­rektor eines Wasser- und Luftfahrzeug-Unternehmens und als Präsident des deut­schen Aeroklubs. In einer ihm zum 70. Geburtstag gewidmeten Laudatio 22 heißt es, derSoldatenberuf" habe Kehlerauch zur Bibliophilie" und mithin zum Fontane- Abend geführt:

Die Märsche zu den Schießübungen und die Züge in den Manövern führ­ten ihn zu den verschiedensten Gegenden der Mark Brandenburg. Auf die- - sen Fahrten begleitete ihn fast immer ein Band von Fontanes Wanderun­gen durch die Mark'. Das Buch diente ihm als Führer für alle Sehenswür­digkeiten. Von Fontane dem Wanderer und Geschichtsschreiber gelangte er dann zu Fontane dem Dichter vaterländischer Balladen und Romane." 33 Diese Art der Beschäftigung mit Fontane erregte seine Lust am Sammeln. Hierzu be­richtet der Lobredner: _

Richard von Kehler ... sammelte nun alles, was von und über Fontane be-- kannt wurde und erschien . . . Die Krönung seiner unvergleichlich schönen und reichen Fontane-Bibliothek aber sind die Handschriften. Er besitzt- Originalmanuskripte von einzelnen Dichtungen, Entwürfe zu Gedichten, Kladden und Vorarbeiten zu Fontanes poetischen und prosaischen Schriften und ungezählte Briefe von und an seinen Dichter, darunter viele noch unbekannte und ungedruckte." 24

In dieser Laudatio wird außerdem und keinesfalls beiläufig betont, daß Kehler im De­zember 1934 an die Spitze des 1905 gegründeten Berliner Bibliophilen-Abends (BBA) trat,in sehr kritischen Tagen, als es sich für den BBA um Sein oder Nichtsein han­delte ..(Gemeint ist die Verdrängung jüdischer Mitglieder - auch durch Kehler - aus bibliophilen Vereinigungen und die von den Nazis angestrebte Gleichschaltung! L. S.)Herr von Kehler wußte alle Schwierigkeiten zu überwinden, er zeigte sich je­dem Widerstand gewachsen.. ," 25 Später wurde er noch zum Ehrenvorsitzenden des BBA ernannt, dessen Vereinstätigkeit sich jedoch in den vierziger Jahren im dun­keln verliert.

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